Schüler sollen künftig ihre Klassenzimmer selbst putzen – so lautet der Vorschlag des Oberbürgermeisters von Schwäbisch Gmünd. Die Idee sorgt für Diskussionen. Wir haben nachgefragt.

Rems-Murr: Simone Käser (sk)

Thomas Rampp ist Hausmeister am Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) Fellbach und damit wohl ein ganz guter Ansprechpartner, wenn es um Themen wie Schüler und Sauberkeit geht. Zur aktuellen Debatte darüber, ob Jungs und Mädchen ihre Klassenräume selbst putzen sollen, hat er deshalb eine klare Meinung: „Eine Grobreinigung durch die Schüler wäre wünschenswert, um unsere Reinigungskräfte zu unterstützen. Eine Erleichterung wäre auch die ordnungsgemäße Trennung des Mülls. Aber von einer generellen Reinigung durch Schüler halte ich nicht viel.“

 

Damit spricht er Benjamin Brack, dem Schulleiter des FSG, aus der Seele, der sich ebenfalls dafür ausspricht, dass Müll ordnungsgemäß entsorgt wird und sich alle gemeinsam engagieren. „Wir sind alle für die Sauberkeit im Schulhaus verantwortlich. Wir können unsere Putzkräfte und den Hausmeister aktiv unterstützen, wenn wir am Ende eines Schultages den groben Dreck beseitigen.“ Es sei wichtig, den Schülern Werte – allen voran einen respektvollen Umgang miteinander – zu vermitteln.

OB Arnold von Schwäbisch Gmünd hat eine Diskussion losgetreten

Genau das ist auch eines der Argumente von Richard Arnold (CDU). Mit seinem Vorschlag, Schüler sollten ihre Klassenräume künftig selbst putzen, um die städtischen Haushalte finanziell zu entlasten – und eben auch, um das Bewusstsein entsprechend zu schärfen – hat der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd eine große Diskussion losgetreten. Der Vorstoß stößt auf viel Zuspruch, wird aber auch kontrovers diskutiert.

Im Rems-Murr-Kreis zeigt sich sowohl am FSG als auch anhand weiterer Einrichtungen, dass die Schulen ihre Schüler längst mit in die Verantwortung nehmen – ohne sie dafür gleich zum kompletten Putzdienst nach Schulschluss zu verdonnern. „Das ist ja nichts Neues, sondern eher eine wiederkehrende Geschichte, die häufig diskutiert wird“, sagt Dagmar Feuerstein, die Rektorin der Anne-Frank-Schule in Fellbach. Grundsätzlich stimme es, dass die Bürger mehr Verantwortung übernehmen müssten, sagt sie und erklärt, dass das Thema an ihrer Grundschule beispielsweise durch einen Hofdienst umgesetzt werde, bei dem die Klassen regelmäßig im rollierenden System den Schulhof säubern. „Dieser Dienst ist bei den Kindern sehr beliebt. Die Schüler übernehmen auch Eigeninitiative und sprechen ,Umweltsünder’ in der Pause direkt an. Und wir machen bei der Let’s putz-Aktion der Stadt mit.“

Fraglich sei, wann Schüler putzen sollen und ob auch Toiletten dazugehören

Wichtig seien Freiwilligkeit und Mehrwert für die Kinder. „Die Frage bei dem Vorstoß aus Schwäbisch Gmünd muss doch auch sein, wann die Schüler denn reinigen sollen. Gehören auch die Toiletten dazu? In der Regel kann nicht während des laufenden Schulbetriebes geputzt werden, sondern erst nach Unterrichtsschluss.“ An der Anne-Frank-Schule als Ganztagseinrichtung würde das nach 17 Uhr bedeuten, was eine ungünstige Zeit für Grundschulkinder wäre. „Eine professionelle Reinigung können wir also nicht gewährleisten. Nicht umsonst gibt es dafür Firmen, aber natürlich ist das ein großer Posten im Etat.“

Benjamin Brack, FSG-Schulleiter, will den Schülern Werte und respektvollen Umgang vermitteln. Foto: (Archiv) Hamm

Doch was sagen eigentlich die, die es betrifft, also die Schüler selbst? Statt sich um den Haushaltsetat zu sorgen, treiben beispielsweise die Sechstklässler am FSG ganz andere Sorgen um. So heißt es da, dass die Idee mitzuputzen zwar grundsätzlich gut wäre, aber man dagegen sei, weil man sonst den Bus verpasse. Außerdem würden dann ja die Putzfrauen weniger Geld erhalten oder womöglich ihren Job verlieren. Grundtenor in Klasse 6 also: Viele Kinder machen sich Sorgen, dass das Putzen viel Zeit benötigt, dass die Putzkräfte arbeitslos werden, dass es aber grundsätzlich durchaus sinnvoll wäre, um Geld zu sparen für andere Projekte. Auch Schüler aus der zehnten Klasse würden gerne mitschrubben, wenn dadurch Geld für „coole Events oder Gerätschaften“ frei würde. „Das generelle Fazit bei den älteren Schülern ist aber schon eher, dass die Schule zum Lernen da ist“, fasst Schulleiter Brack zusammen.

Eine klare Haltung hat auch Sabine Hagenmüller-Gehring vom Staatlichen Schulamt Backnang zu dem Vorstoß, der aktuell so hohe Wellen schlägt. „Ich halte tatsächlich diese Idee weder für sachgerecht noch für umsetzbar. Wer sollte die Putzaktionen organisieren und beaufsichtigen? Das ist definitiv nicht Aufgabe der Lehrer und der Schulleitung. Unsere Schulen sind auch ohne bereits sehr belastet, sie können aus meiner Sicht nicht noch mehr Aufgaben übernehmen“, sagt die Schulamtsdirektorin. Unabhängig von der Diskussion sehe sie aber durchaus einen Sinn dahinter, die Thematik in den Schulen aufzugreifen und mit Schülern darüber zu sprechen, was jede und jeder beitragen könne und wie gemeinsam Verantwortung übernommen werden könne, so Sabine Hagenmüller-Gehring.

Auch an der Hermann-Hesse-Realschule in Fellbach-Schmiden gehören sogenannte Klassendienste bereits seit vielen Jahren fest dazu. „Diese Dienste sind ein wichtiger Teil, um Schüler verantwortlich einzubinden. Sie stärken die Selbstorganisation und das Verantwortungsgefühl innerhalb der Schulgemeinschaft und darüber hinaus“, sagt die Realschulrektorin Sabine Mayer und erklärt, dass nach Unterrichtsende oder nach der Mittagsschule das Klassenzimmer immer mit einem Besen gefegt werde. Zudem gebe es Tafeldienste, Fensterdienste oder Lichtdienste, die teilweise wöchentlich wechseln. „Und freitags bringt jede Klasse ihren Papiermüll, der getrennt gesammelt wird, selbst zum Container. Dort steht der Hausmeister und kümmert sich um eine ordentliche Entsorgung.“