Die steigenden Preise im Baugewerbe machen die Anstrengungen der Stadt Ludwigsburg zunichte, Geld beim Bildungszentrum West einzusparen. Das ist finanziell eine Katastrophe.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Der Kämmerer Harald Kistler ist beim Anblick der Zahlen schier vom Stuhl gefallen. In Anbetracht der Summe, die die Planer für das neue Bildungszentrum West in Ludwigsburg nun errechnet haben, ist das kein Wunder. Mit bis zu 154 Millionen Euro rechnet die Stadt für das Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) und die Gottlieb-Daimler-Realschule (GDR).

 

Die Baubürgermeisterin Andrea Schwarz sprach im Ausschuss für Stadtentwicklung, Hochbau und Liegenschaften (SHL) von einem Schock. Wie man „diesen Brocken im Haushalt unterbringt“, müsse man erst noch prüfen. Denn eigentlich hatte die Verwaltung alles darangesetzt, die Kosten des Megaprojekts zu drücken. Deshalb war bereits im vergangenen April beschlossen worden, dass die Schule in kleinerem Umfang gebaut wird als ursprünglich geplant.

20 Millionen durch Verkleinerung gespart

Das dritte Geschoss auf dem OHG ist gestrichen, der Keller darunter ebenfalls. Der Ganztag bekommt weniger Platz, sogenannte Clusterflächen wurden um fast ein Drittel reduziert. Lagerflächen – für Schule und Stadt – schrumpfen ebenfalls oder fallen ganz weg. Wo zwei Lichthöfe vorgesehen waren, soll es nun nur noch einen geben. Aus einem geplanten Stadtteilzentrum, das in der Außenstelle der Stadtbibliothek andocken sollte, wird nichts, da auch die Fläche für die Bücherei sehr viel kleiner wird, und das Museum, das im West-Zentrum neue Depoträume bekommen sollte, muss andernorts suchen. Insgesamt haben die Planer so fast 6000 Quadratmeter Bruttogesamtfläche eingespart.

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„Durch die Reduzierung des Raumprogramms wird die Schule rund 20 Millionen Euro günstiger“, sagt Mathias Weißer, der Fachbereichsleiter Hochbau und Gebäudewirtschaft. So würden später auch deutlich weniger Betriebs- und Unterhaltungskosten anfallen. Man habe alles getan, was in den Vorplanungen möglich sei, ergänzte Weißers Stellvertreterin Gabriele Barnert. Das bestätigt auch die Quadratus Projektsteuerungsgesellschaft, die die Kosten überwacht. Der Verwaltung sei kein Vorwurf zu machen.

Baukosten springen um mindestens zwölf Prozent

Dass man bei den Baukosten in etwa bei der Summe gelandet ist, die ursprünglich einmal ausgerufen worden war, darauf hat die Stadt nämlich keinen Einfluss. Schuld sind die explodierenden Baukosten. Von Preissteigerungen von mindestens zwölf Prozent innerhalb eines Dreivierteljahres ist die Stadt überrascht worden. In den 15 Monaten zuvor waren die Preise relativ konstant.

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Schwarz plädierte deshalb dafür, sich zu sputen und konsequent weiter zu planen. „So können wir den steigenden Baukosten vielleicht auch ein bisschen davonlaufen.“ Baubeginn könnte nun doch etwas früher, schon im dritten Quartal 2023 sein. Wenn der Gemeinderat zustimmt, wird der Schulkomplex abschnittsweise gebaut. Zunächst soll die Bibliothek abgebrochen werden, dann ist geplant, zwei neue Gebäude zu errichten und die Schüler umzuquartieren. Die Gymnasiasten würden die Neubauten beziehen, die Realschüler zunächst das alte Gymnasiumsgebäude. Mitte 2029 sollen auch sie in den Genuss neuer Räume kommen.

Schulen sind die größten C02-Emittenten der Stadt

Das Mitte der 1970er Jahre eröffnete Bildungszentrum West ist so stark mit Schadstoffen belastet, dass eine Sanierung nicht mehr reicht. Messungen bei Hitze im Sommer hatten verdeutlicht, wie dringend etwas passieren muss. Mehrere Räume sind noch stärker mit den als krebserregend geltenden Stoffen Formaldehyd und PCB belastet als angenommen. Zudem zeigt der Energiebericht, dass die beiden Schulen unter den städtischen Gebäuden am meisten CO2 emittieren. Die Verwaltung gibt auch veraltete Heiztechnik als Grund dafür an.

Dass die Schulen neu gebaut werden, darüber gab es im SHL keine zwei Meinungen. Allerdings verstärken die neuen Vorausrechnungen die Sorgen einiger Gemeinderatsmitglieder. „Nach dem BZW werden wir nicht mehr viel bauen“, prognostizierte Andreas Rothacker (Freie Wähler). Das Bildungszentrum sei ihm „lieb und teuer“, sagte Jochen Eisele (FDP), „aber so teuer“. Es sei klar, dass der Gemeinderat vom ein oder anderen Projekt Abschied nehmen müsse.