Zwei Millionen Euro gibt die Baden-Württemberg-Stiftung für Demokratiebildung von Schülern. In der Robert-Bosch-Schule war jetzt der Auftakt. „Ein Drittel aller Schüler wissen nicht mehr, was der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur ist“, lautet ein Befund.

Stuttgart - Was ist Demokratie? Und was bringt es mir, wenn ich das weiß? Arslan, 16, Schüler an der Robert-Bosch-Schule in Stuttgart, hat für sich eine erste Antwort gefunden: „Ich muss die Demokratie akzeptieren, sonst komme ich in der Gesellschaft nicht weiter.“ Er war schon in der Stadt unterwegs, hat Interviews zu einem Berufe-Bingo gemacht.

 

Jetzt steht Arslan mit Mitschülern im „Escape Room“ vor einer mit Kameras bestückten, fast raumhohen Maschine voller Kabel, Lämpchen, Knöpfchen, Datenträgerschlitzen. „Hacker Attack“ ist angesagt. Auf dem Bildschirm taucht eine finstere Gestalt auf: der Hacker, das Gesicht in der Kapuze verborgen. Er droht, „noch eine arme, unschuldige Person zu ruinieren“. Per Datenklau. Das kann nur verhindert werden, wenn innerhalb von 45 Minuten herausgefunden wird, wer die Zielperson ist.

Das ist die Aufgabe der Schüler, die es mit allen im Raum befindlichen Infoquellen zu lösen gilt. Nicht zuletzt mit der von einem Spieleentwickler geschaffenen Maschine. Nach etwa zehn Minuten ist die Gruppe orientiert: „Krass gemacht! Aber alleine kommst du nicht weiter. Da ist Teamwork gefragt“, erklärt Arslan.

Demokratieerziehung für junge Leute

Perfekt auf den Punkt bringt er so, was auch Eberhard Stilz, der Präsident der vom Tübinger Theologen Hans Küng gegründeten Stiftung Weltethos bei der Vorstellung zum Start des Aktionsprogrammes „Läuft bei Dir!“ in der Robert-Bosch-Schule Zuffenhausen betont: „Nicht Wettbewerb, sondern Zusammenarbeit ist zentral, um in einem Verein oder in einer Firma bestehen zu können. Respektvoll miteinander umgehen, sich austauschen, sich einbringen und zusammenschaffen. Damit trägt man zum Betriebsklima und zum Erfolg der Firma bei. Und das sind auch Tugenden, die eine funktionierende Demokratie braucht.“

„Läuft bei Dir!“ ist ein Programm der Baden-Württemberg-Stiftung, das von allen berufsbildenden Schulen, aber auch von Betrieben für deren Azubis gebucht werden kann. Zwei Millionen Euro setzt die Stiftung dafür ein. Eine Investition, die der „Demokratieerziehung der jungen Leute“ diene, wie Geschäftsführer Christoph Dahl erklärte – und dabei deren Notwendigkeit betonte: „Ein Drittel aller Schüler wissen nicht mehr, was der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur ist.“ Das gelte sogar für ein Viertel der Gymnasiasten.

„Demokraten fallen nicht vom Himmel“

Von „besorgniserregenden Entwicklungen“ und „Angriffen auf die Grundfesten der Demokratie“ sprach die Staatssekretärin Theresa Schopper. Und Lothar Frick, der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, die für die praktische Umsetzung zuständig ist, sagte: „Demokraten fallen nicht vom Himmel. Demokratie muss man vermitteln und lernen. Damit wir nicht verspielen, was uns seit 70 Jahren Frieden und Freiheit sichert.“ Dafür sei auch Medienkompetenz nötig, was Stilz, dessen Stiftung Kooperationspartner ist, so begründete: „Das Internet ist nützlich, es ist aber auch die größte Lügenmaschine der Welt.“ Der Schulleiter Frank Roskamp fasste den Zweck von „Läuft bei Dir!“ so zusammen: „Damit die jungen Leute gestärkt werden und das Denken nicht anderen überlassen.“

Große Augen haben Arslan diese Reden gemacht, räumte er ein: „Jetzt erst habe ich begriffen, dass das ein großes Ding ist! Der Sinn von Demokratie ist das gute Zusammenleben. Dass man sich respektiert, dass man nicht nur nach seiner eigenen Nase schaut, sondern sich um andere kümmert.“