Das Thema liefert an so manchen Elternabenden Zündstoff: Süßigkeiten im Schulranzen. Dürfen Rektoren das verbieten?

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Warum haben alle anderen Kinder Süßigkeiten in ihrem Vesper, nur ich nicht? Der Anton hat dem Paul und dem Max Gummibärchen abgegeben, mir aber nicht! Beschwerden wie diese, die bisweilen von Grundschulkindern an ihre Eltern herangetragen werden, führen auf Elternabenden – insbesondere von Erstklasseltern – immer wieder zu der Diskussion: Wie ist die Haltung der Schule zum Thema Süßigkeiten im Vesper? Gibt es eine Hausregel? Dürfen sich Schulen in die Gestaltung der Vesperbox einmischen?

 

Markus Dölker, Direktor der Martin-Luther-Grundschule in Bad Cannstatt, hält nichts von Verboten. Er setzt darauf, mit den Eltern über das Thema im Gespräch zu sein und sich mit ihnen zu vernetzen. „Man muss die Eltern mit ins Boot nehmen“, sagt er. In aller Regel wollten Mütter und Väter es doch Recht machen. Wenn Lehrer oder Lehrerinnen an seiner Schule beobachten würden, dass viele Schleckereien im Vesper seien, würde das in einem Einzelgespräch mit den Eltern thematisiert. Das komme aber „nicht übermäßig“ vor.

Denn schon am ersten Elternabend würden die neuen Erstklasseltern darum gebeten, ihren Kindern ein gesundes, möglichst selbst hergerichtetes Pausenbrot mitzugeben. „Wir empfehlen, keine Süßigkeiten mitzugeben. Verhindern kann man aber nicht, was die Eltern machen. Man kann sie nur beraten“, sagt Dölker. Ein Teil der Eltern packe süße Sachen wohl aus Unbedarftheit in die Vesperbox, andere aus Zeitmangel, vermutet der Rektor. Letzteren erkläre er gerne, dass eine Gurke ebenso schnell gewaschen und eingepackt sei wie ein Riegel aus der Verpackung geholt werde.

Gemeinsam Obst essen

Um schon Kindern ein Gespür für gesundes Essen zu vermitteln, beschäftigen sich Zweitklässler der Martin-Luther-Grundschule im Rahmen des Projekts „Klasse 2000“ intensiv mit dem Thema Ernährung, ergänzt Dölker. Außerdem nehme seine Schule am Schulfruchtprogramm teil, bei dem regelmäßig Obst geliefert und dann gemeinsam gegessen werde. „Daheim kriegen das manche nicht. Es gibt Kinder, die noch nie zu Hause eine Mandarine gegessen haben“, sagt der Pädagoge.

Was die Frage nach einem möglichen Verbot von Schokolade und Gummibärchen in der Vesperbox betrifft, hat das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg eine klare Haltung. Pressesprecher Fabian Schmidt teilt auf Nachfrage mit, in Paragraf 23, Absatz 2 des Schulgesetzes sei geregelt, dass es Aufgabe der Schule sei, Anordnungen zu erteilen, die „zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Schulbetriebs und zur Erfüllung der ihr übertragenen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben“ erforderlich seien. Einfacher gesagt: „Die Schule kann nur Anordnungen erteilen, die mit ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag begründet werden können“, so Schmidt. „Einem Kind zu verbieten, Süßigkeiten in der Schule zu verzehren, würde nach Auffassung des Ministeriums eine nicht zulässige Einschränkung des elterlichen Erziehungsrechts darstellen.“ Pflege und Erziehung der Kinder sei das natürliche Recht und auch die Pflicht der Eltern. Die Schule habe dies zu achten. Im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrages von Schulen könnten Lehrer freilich das Thema gesunde Ernährung im Unterricht aufgreifen und auf diese Weise auf ein gesundes Pausenvesper hinwirken.