Das Kultusministerium hat einen Eilantrag der Stadt Stuttgart abgelehnt. Die Verwaltung verschiebt den Start des Ganztagsbetriebs an drei Schulen um ein Jahr. Bis dahin wird das Gesetz nachgebessert.

Stuttgart - Die Riedseeschule, die Schule Im sonnigen Winkel und die Grund- und Werkrealschule Stammheim müssen sich mit dem Start eines Ganztagsangebots nun doch gedulden. Der von der Stadt per Eilantrag erbetene Sonderweg einer schrittweisen Einführung des verpflichtenden Ganztags, also zunächst nur mit Klasse eins, sei laut Schulgesetz im kommenden Schuljahr parallel zur Halbtagsschule nicht möglich. Dies teilte der Amtschef des baden-württembergischen Kultusministeriums, Jörg Schmidt, der Stuttgarter Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) in einer Antwort auf ihre Bitte um eine Eilentscheidung mit.

 

„Wir müssen in den sauren Apfel beißen“, sagte Eisenmann auf Anfrage der StZ. „Wir können leider in diesem Jahr mit dem gebundenen Ganztag noch nicht beginnen. Das trifft die drei Schulen, das tut mir leid“, so die Bürgermeisterin. Somit tritt der bereits vom Verwaltungsausschuss des Gemeinderats einstimmig beschlossene Plan B in Kraft: „Wir werden die Anträge zurückziehen und ein Jahr später erneut stellen und dann gleich für die Klassen eins und zwei“, sagte Eisenmann.

Aussagen des Ministeriums als positive Signale gewertet

Zu dem Eilantrag war es gekommen, weil die Bürgermeisterin die Aussagen des Ministeriums in der Presse als positive Signale gewertet hatte. Wie berichtet, hatte ein Ministeriumssprecher zwischen der geltenden Rechtslage und der „faktischen Anmeldesituation“ unterschieden und den Eindruck erweckt, eine schrittweise Einführung des Ganztags sei doch möglich.

Die aktuelle Antwort des Amtschefs im Ministerium stellt dieses Missverständnis klar: „Nach derzeitiger Gesetzeslage bezieht sich die Einrichtung der Wahlform deshalb sofort auf die gesamte Schule“, heißt es in dem Schreiben vom 22. Mai. Damit ist gemeint, dass die Stadt sofort allen Schülern von Klasse eins bis vier, deren Eltern das wollen, den gebundenen Ganztag anbieten muss – was sie jedoch räumlich nicht schaffen würde.

Ministerium darf keine Abweichungen vom Gesetz zulassen

„Das Kultusministerium ist an diese gesetzliche Vorgabe gebunden und hat nicht die Entscheidungsbefugnis, Abweichungen zuzulassen, die nicht durch das Gesetz selbst legitimiert sind“, schreibt der Amtschef. Und er betont: „Eine andere Position hat das Kultusministerium auch zu keinem Zeitpunkt vertreten.“ Die Stadt könne aber die Schulen zum kommenden Schuljahr mit den angemeldeten Kindern im Ganztag beginnen lassen. „Die Ressourcen für den Ganztagsbetrieb würden dementsprechend zugewiesen, die Zuschüsse für die Betreuungsangebote jedoch entfallen.“ Darauf lässt sich die Stadt aber nicht ein. „Die Betreuung wird wie bisher weitergeführt“, betont Eisenmann. Eine Betreuungslücke werde es nicht geben. Konkret bieten die Schulen zusätzlich zum Halbtagsunterricht eine flexible, aber kostenpflichtige Betreuung an, sei es durch ein Schülerhaus, sei es durch Kernzeit oder verlässliche Grundschule. „Vom Schuljahr 2016/17 haben wir dann eine saubere rechtliche Basis für die schrittweise Einführung der Ganztagsschule“, so Eisenmann. Dies versicherte auch Schmidt in seinem Schreiben: „Eine Gesetzesänderung, die die sukzessive Einrichtung auch in der Wahlform ermöglicht, soll zum Schuljahr 2016/17 gelten.“

Auf Intervention Eisenmanns wird das Gesetz geändert

Zu der angekündigten Gesetzesänderung kommt es aufgrund einer Intervention Eisenmanns bei Kultusminister Andreas Stoch (SPD) am 4. März dieses Jahres. In dem jüngst in Kraft getretenen Schulgesetz war die bisher praktizierte Möglichkeit nicht mehr vorgesehen, den Ganztag in Schulen, die auch einen Halbtagsunterricht anbieten, schrittweise auszubauen.

Für diese Panne, auch bei der Kommunikation, musste das von Stoch geführte Ministerium viel Kritik einstecken – nicht nur seitens der betroffenen Eltern, sondern auch vom Verwaltungsausschuss. Dort sprach der CDU-Stadtrat Fred-Jürgen Stradinger von einer „Laienspieltruppe“.