Lernen ohne Noten bis zur vierten Klasse – das wird für Kinder an vierzig Schulen im Land bald Realität. Was Kultusministerin Schopper sonst noch plant – hier in Kurzform.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Im nächsten Schuljahr startet in Baden-Württemberg ein neues Modellprojekt zur Grundschule ohne Noten. An fast vierzig Schulen sollen Erst- bis Viertklässler dann ganz ohne Einser bis Sechser durch die Grundschulzeit kommen. Das hat Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) in einem Gespräch mit unserer Redaktion angekündigt. „Nach den Sommerferien soll es mit 39 Schulen losgehen. Sie werden von der ersten bis zur vierten Klasse ohne Noten arbeiten“, betonte sie. „Am Ende wollen wir vergleichen, wie es um die Unterrichtsqualität und die Leistungen der Schüler bestellt ist.“ Flächendeckend und regulär sind im Südwesten bereits die ersten beiden Grundschuljahre notenfrei.

 

„Bulimisches Lernen erfüllt kein Bildungsziel“

Schopper begründet den Schulversuch mit dem Phänomen des „bulimischen Lernens“, wo für Tests oder Klassenarbeiten gepaukt und danach alles wieder vergessen werde. „Damit ist kein Bildungsziel erreicht, und das verstehe ich auch nicht unter Qualität“, so die Ministerin. Der Schulversuch, den Grün-Schwarz im Koalitionsvertrag vereinbart hat, ist eine Art Neuauflage eines kleineren Modellprojekts, das 2013 unter der grün-roten Koalition gestartet und 2017 von Schoppers Vorgängerin Susanne Eisenmann (CDU) abrupt beendet wurde.

Ob dies die einzige Neuerung im nächsten Schuljahr sein wird, hängt von den Haushaltsberatungen ab. „Große Sprünge“ sind nach Einschätzung der Kultusministerin nicht drin. Es sei aber eine „absolute Pflichtaufgabe, bei steigenden Schülerzahlen durch die demografische Entwicklung und durch neu hinzukommende ukrainische Kinder die Schulen gut auszustatten“.

Unwucht bei Großstadtschulen und Klein-Standorten

Drastische Maßnahmen, wie die Bildung größerer Klassen zugunsten einer insgesamt besseren Unterrichtsversorgung, erwägt die Kultusministerin bisher nicht. „Der Klassenteiler ist aktuell so etwas wie die letzte Patrone“, sagte sie. „Nach dem ganzen Corona-Stress will ich jetzt nicht sagen: Wir stopfen die Klassen voll.“

Allerdings beklagt Schopper große Unwuchten zwischen überlaufenden Grundschulklassen in Großstädten und kleinen Grundschulen mit insgesamt weniger als hundert Schülern mit Mini-Klassen im ländlichen Raum. Nicht an jedem dieser rund 800 Kleinstandorte seien ganztägige Betreuungsangebote oder echte Ganztagsschulen zu realisieren, erklärte Schopper. „Wenn wir den Anspruch auf ganztägige Betreuung für Grundschüler von 2026 an umsetzen, müssen die Träger prüfen, wo man diese Angebote macht“. sagte sie. Auch echte Ganztagsschulangebote „wird es nicht an jeder Schule mit zwölf Kindern pro Klasse geben können.“