SPD, FDP und die grün-schwarze Koalition kommen nicht auf einen gemeinsamen Nenner in Bildungsfragen. Die Landesregierung will jetzt ihre Reformvorschläge rasch umsetzen.
Mit verhärteten Fronten sind die Gespräche über eine Bildungsallianz für die baden-württembergischen Schulen im Kloster Bebenhausen beendet worden. Die grün-schwarze Koalition kommt mit SPD und FDP nicht auf eine gemeinsame Linie über die Grundstrukturen des Bildungswesens in Baden-Württemberg. „Das ist ein trauriger Tag für Baden-Württemberg“, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch und beklagte, dass die Koalition den versprochenen offenen Diskurs über die anstehenden Bildungsfragen schuldig geblieben sei. Offensichtlich habe Ministerpräsident Winfried Kretschmann erwartet, dass SPD und FDP die grün-schwarzen Vorschläge als gemeinsame Position übernähmen. „Dann haben wir keinen Sinn mehr darin gesehen, die Gespräche fortzusetzen“, sagte Stoch. „Das Motto ,Vogel, friss oder stirb’ zeugt von fehlendem Respekt vor der demokratischen Opposition“, sagte Stoch.
Die grün-schwarzen Vorschläge sind nach Auffassung des früheren Kultusministers keine Lösung, um das Bildungssystem im Land für die nächsten zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre zukunftsfest zu machen. „Wir hatten den Eindruck, dass die Koalition und insbesondere der Ministerpräsident keine wirkliche Einigung wollten“, sagte Stoch.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Auch der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf dem Regierungschef mangelnde Einigungsbereitschaft vor. Es habe unterschiedlichen Grade von Offenheit am Verhandlungstisch gegeben. „Leider haben wir beim Ministerpräsidenten die geringste Offenheit für eine konsensorientierte Haltung gesehen“, sagte Rülke. „Der Ministerpräsident hat vor wenigen Minuten erklärt, dass diese Bildungsallianz hier endet. Entweder unterschreibe die Opposition das vorliegende Papier oder eben nicht.“ Daraufhin hätten Stoch und er die Verhandlungen verlassen.
Laut Ministerpräsident Kretschmann sind die Gespräche daran gescheitert, dass SPD und FDP keine eigenen Sachvorschläge eingebracht und sich nur an Verfahrensfragen aufgehalten haben. „Ein Konsens geht nur, wenn alle vorlegen, welche Vorstellungen sie haben“, sagte er. Weil es jetzt nicht zu einem Einvernehmen zwischen Opposition und Regierung komme, werde die Koalition die am Dienstag beschlossenen Bildungsreformen nun zügig anpacken. Kretschmann kündigte für die kommende Woche eine Regierungserklärung im Landtag an. Monatelange Verhandlungen, wie sie der Opposition offenbar vorgeschwebt hätten, seien nicht vertretbar. „Wir stehen unter hohem Druck und müssen die Reform der Schullandschaft nun zügig realisieren.“
Verhärtete Fronten
„Die Opposition ist nicht bereit gewesen, mit uns an einem Strang zu ziehen und hat heute eine Chance vertan“, ergänzte Andreas Schwarz, Fraktionschef der Grünen. Er warf Rülke und Stoch seinerseits mangelnde Dialogbereitschaft vor. Es spreche Bände, wenn jemand mitten im Satz vom Verhandlungstisch aufstehe. Mit ihren Reformvorschlägen habe die Koalition ihre Handlungsfähigkeit bewiesen, setzte der CDU-Fraktionschef Manuel Hagel hinzu.
Der FDP-Fraktionschef Rülke kündigte an, das Gesprächsangebot, das er zum Jahresanfang schon einmal an die Fraktionsvorsitzenden gerichtet habe, nun zu erneuern. „Vielleicht gelingt ja eine Einigung ohne gewisse Personen“, sagte er. Stoch äußerte die Erwartung, dass neben ihm und Rülke auch der CDU-Fraktionschef Manuel Hagel daran teilnehmen könnte. Hagel selbst ließ das auf eine entsprechende Frage offen.