Kopierpapier für Hausaufgaben geht aus, die digitale Lernplattform Moodle ist überlastet: Der letzte Schultag vor den fünfwöchigen Zwangsferien läuft nicht rund. Wie geht es für Schüler und Eltern weiter?

Stuttgart - Wegen des Coronavirus sind die 4500 öffentlichen und privaten Schulen in Baden-Württemberg für fünf Wochen bis nach den Osterferien geschlossen. Ebenso wie die 9000 Kindertagesstätten. Am Montag versuchte das Lehrpersonal einen „geordneten Übergang“ für diese Zwangspause zu schaffen, doch der fiel vielerorts holprig aus. „Vieles blieb unklar“, sagte eine 17-jährige Gymnasiastin aus Stuttgart, die wie 1,5 Millionen Schüler im Südwesten am Vormittag zwei Schulstunden lang informiert worden war. Klar sei nur, dass man nun „viel Zeit haben“ werde und sich allenfalls in bekannten Kleingruppen treffen dürfe.

 

An mancher Grundschule ging das Kopier-Papier für die Mitgabe von Hausaufgaben aus. Am problematischsten aber war der Zusammenbruch des Servers der digitalen Bildungsplattform Moodle, die das Kultusministerium „kurzfristig“ über das Wochenende für alle Schulen organisiert hatte. „Das ist ein Open-Source-Lernmanagement-System. Es ist kostenfrei und sofort verfügbar“, hatte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) noch am Mittag mitgeteilt. Man könne damit Lerngruppen einrichten, Aufgaben und Lernmaterialien ausgeben und wieder entgegennehmen sowie die Ergebnisse bewerten. Sogar Videkonferenzen seien damit möglich.

Die Server brechen zusammen

Viele Schüler, die Moodle am Montag aufrufen wollten, erhielten allerdings keinen Zugriff: der Server war offenbar überlastet. „Das ist ärgerlich. So können wir nicht sinnvoll damit arbeiten“, meinte Tobias Mundel, stellvertretender Rektor des Wilhelms-Gymnasiums in Stuttgart-Degerloch. Das Land müsse die Serverkapazitäten so ausbauen, dass man mit Moodle in dieser Krisensituation auch gut arbeiten könne.

Wie es zu der Entscheidung kam, die Schulen zu schließen, lesen Sie hier.

Mundel sagte, dass man Schülern teilweise Kopien mit ersten Aufgaben mit gegeben habe und dass man künftig wohl auch Emails verschicken werde. Dass nicht alles rund laufen kann, räumte allerdings auch Ministerin Eisenmann ein. Sie vertraue darauf, dass von den Schulen Übungen digital an die Schüler weitergegeben werde, sagte sie dem SWR. „Wenn es gar nicht funktioniert, greifen wir auf die gute, alte Post zurück“, sagte die Ministerin. Eine Notsituation wie jetzt habe es noch nie gegeben: „Auf so etwas kann man sich auch nicht allumfassend vorbereiten.“ Es sei für die Eltern eine große Herausforderung zu verhindern, dass ihre Kinder „in ein Loch fallen“.

Lehrergewerkschaft äußert Verständnis

Schützenhilfe erhielt die Ministerin von Doro Moritz von der Gewerkschaft GEW: „Ich habe den Eindruck, jede Schule hat ihren eigenen Weg gefunden. Ganz geordnet kann solch ein Übergang in so einer Krise gar nicht vonstatten gehen, es werden noch Fragen zu klären sein.“ Zum einen müssen noch Betreuungsangebote organisiert werden, zum anderen ist am Montagnachmittag noch zwischen dem Ministerium und den Lehrerverbänden über die Organisation der Abiturprüfungen beraten worden.

Von den Schul- und Kita-Schließungen sind im Südwesten 1,5 Millionen Schüler sowie 440 000 kleinere Kinder in den Kitas betroffen. Aus den Schulen verlautet, dass Schülern unterhalb der sechsten Klasse eine Betreuung angeboten wird, wenn beide Elternteile in einem systemrelevanten Beruf arbeiten, also in der Pflege, im Krankenhaus, bei der Polizei oder Feuerwehr. Dazu werden zwei bis drei Klassenzimmer reserviert, Lehrer sollen die Betreuung im Wechsel übernehmen.

Tipps für Eltern von Schülern finden Sie hier.

Für Ralf Scholl vom Philologenverband Baden-Württemberg, der früh eine Schulschließung gefordert hatte, ist es jetzt wichtig, dass sich die Schüler an die Empfehlungen halten: „Außenkontakte vermeiden und sich auch nicht mit Mitschülern treffen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.“ Dass sich Leute am Wochenende über Facebook zu „Corona-Partys“ verabredeten, das gehe gar nicht.

Eltern können kurzfristig ohne Lohneinbußen zu Hause bleiben

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ging am Montag in einem Statement auf die Frage ein, wie berufstätige Eltern verfahren, wenn sie kurzfristig keine Betreuung ihrer Kinder organisieren können: „Nach geltender Rechtslage können Arbeitnehmer zur Betreuung ihrer Kinder für einen kurzen Zeitraum ohne Lohneinbußen ihrem Arbeitsplatz fernbleiben.“ Voraussetzung sei, dass sie ihre Kinder nicht anderweitig betreuen können. Es sei aber klar, so Heil, dass die genannte rechtliche Möglichkeit nach Paragraf 616 Bürgerliches Gesetzbuch „auf wenige, in der Regel zwei bis drei Tage begrenzt“ sei. Auf die Betreuung durch Großeltern sollte verzichtet werden, da sie besonders ansteckungsgefährdet sei.

Für deutliche Kritik des Landeselternbeirats in Baden-Württemberg sorgte ein Vorfall aus Konstanz. Dort soll die Schulleitung des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums bereits am Montag die schulischen Angebote ersatzlos gestrichen haben – gegen die Anweisung des Kultusministeriums. Laut Ansicht von Carsten Rees, dem Vorsitzenden des Landeselternbeirates, stellt dies ein Verletzung der Dienstpflichten dar: „Wir haben jetzt schon eine deutliche Verunsicherung bei den Eltern, das zeigen zahlreiche Nachfragen bei uns. Ein solches Verhalten wie in Konstanz wird sie noch verstärken.“