Schulstart im Kreis Ludwigburg An diesen Schulen könnte Unterricht ausfallen

20 Gymnasien und 22 Realschulen sowie zahlreiche Grundschulen gibt es im Kreis Ludwigsburg: Am Montag beginnt dort wieder der Unterricht. Foto: dpa/Tobias Kleinschmidt

An diesem Montag beginnt der Unterricht nach den Sommerferien. Wo im Kreis Ludwigsburg droht am ehesten Unterricht auszufallen? Und welche Sorgen plagen die Schule abseits vom Lehrermangel?

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

An diesem Montag beginnt das neue Schuljahr – und wieder einmal fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Allerdings weniger als im Jahr zuvor. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte Mitte der Woche in Stuttgart von 565 unbesetzten Stellen im Land gesprochen. Einige Lücken klaffen auch im Kreis Ludwigsburg.

 

Laut dem zuständigen Regierungspräsidium (RP) in Stuttgart ist an Gymnasien vor allem der Religionsunterricht betroffen. „Es gibt leider kaum noch Lehrkräfte mit Religion, die sich für den Schuldienst bewerben“, sagt eine Sprecherin. Am Lise-Meitner-Gymnasium in Remseck wurde der Unterricht für katholische Schüler zusammengelegt, gekürzt oder gleich ganz gestrichen. In der Oberstufe springen Kollegen aus Ludwigsburg ein.

Schon jetzt sind weitere Lücken absehbar

Anders als bei der Religion dürfte für viele Eltern schmerzlich sein, dass auch der Deutschunterricht nicht überall komplett abgedeckt ist. Jeweils 20 bis 22 Stunden fehlen an den Gymnasien in Besigheim, in Ditzingen und am Stromberg-Gymnasium in Vaihingen/Enz. Auch am größten Gymnasium im Land in Marbach sind mehrere Fächer auf Kante genäht – insbesondere auch Deutsch. Daneben die Naturwissenschaften und Informatik. „Es können alle Unterrichte planmäßig starten“, so FSG-Schulleiter Volker Müller, „aber ein Ausfall an diesen Stellen wäre nicht ohne Weiteres kompensierbar.“

Die Situation verschärft sich in der Regel über das Schuljahr, wenn Lehrerinnen schwanger werden. Beim RP sind solche „Vertretungsbedarfe“ teilweise schon jetzt bekannt. Am Gymnasium inKornwestheim fallen deshalb ab Januar oder Februar 20 Stunden Biologie und 16 Stunden Musik weg. „Wieweit dieser Bedarf gedeckt werden kann, ist heute nicht absehbar“, sagt die RP-Sprecherin.

Am Otto-Hahn-Gymnasium in Ludwigsburg können sie ein Lied davon singen. Den Ausfall von fünf schwangeren Kolleginnen musste der Rest der Lehrerschaft im vergangenen Jahr abfedern, bisher weiß Schulleiter Mathias Hilbert noch von keiner neuen Schwangerschaft. Personell sei das OHG, dem durch die Baustelle, zu der es bald wird, ohnehin ungewöhnliche Schuljahre bevorstehen, „recht ordentlich aufgestellt“. Hilbert teilt die Einschätzung der Kultusministerin, dass die Situation schon brenzliger war. Das sei auch an den anderen drei Ludwigsburger Gymnasien so, sagt Hilbert, der auch Geschäftsführender Schulleiter ist. Wie anderswo im Kreis ist auch in Ludwigsburg die Personaldecke vor allem in den MINT-Fächern und im Fach Religion dünn.

Grundschulen und Sonderpädagogische Zentren haben es besonders schwer

Wie man mit wenig Personal jongliert, wissen Grund-, Werkreal-, Real-, Förder- und Gemeinschaftsschulen schon länger. „Wir können seit Jahren die Stundentafeln nicht erfüllen“, sagt der Geschäftsführende Schulleiter Bernhard Bleil. An seiner eigenen Schule haben sie keine Ruheständler von einer Rückkehr überzeugen können – anderswo im Kreis, in Freiberg, Marbach und Ludwigsburg etwa, greift man auf sie zurück. An der Eberhard-Ludwig-Schule wird zunächst am Nachmittagsunterricht gespart – was zumindest die Schüler freuen dürfte. Wie jede Schule damit umgeht, kann sie individuell entscheiden, allerdings in enger Absprache mit dem Staatlichen Schulamt. An welchen Schulen und in welchen Fächern der Mangel am größten ist, kann die Behörde auch einige Tage vor Schulbeginn nicht sagen. Nur so viel: Man könne „nicht von einer zufriedenstellenden Unterrichtsversorgung sprechen“. Gegengesteuert hat das Schulamt unter anderem damit, dass es mehr befristete Kräfte – meist sind das dann Quereinsteiger oder Lehrer mit der Qualifikation in nur einem Fach wie Sport – eingestellt hat. 130 wurden diesmal eingestellt, 36 mehr als im Vorjahr.

Mit Ausnahme der Grundschulen, die es nicht so sehr betrifft, sind Flüchtlingskinder – vor allem aus der Ukraine – die die Schulen zusätzlich versorgen müssen, nach wie vor eine riesige Herausforderung. Am OHG mussten kurz vor Schulstart um die zehn Kinder abgewiesen werden, weil es keinen Platz mehr gibt. „Am Bildungszentrum West haben wir nicht einmal mehr eine Besenkammer frei“, sagt Mathias Hilbert. „Ich bin gespannt, was da diesen Winter noch auf uns zukommt.“

94 Vorbereitungsklassen für Flüchtlingskinder

Zusätzliche Kapazitäten haben auch andere Schulen kaum mehr, laut dem Schulamt gibt es in diesem Schuljahr 1587 Schülerinnen und Schüler in 94 Vorbereitungsklassen – die Extra-Klassen an Gymnasien kommen noch obendrauf. An der Oscar-Paret-Schule in Freiberg hat man drei davon. In einer ist noch etwas Platz, aber nicht mehr viel. „Im Winter ist auch die sicher wieder voll“, sagt Schulleiter René Coels, „für eine weitere haben wir aber wenig Spielraum“. Das gelte sowohl fürs Personal als auch für den Platz. Dabei ist die neue OPS erst im vergangenen Jahr eröffnet worden. „Damit haben wir nicht gerechnet, als gebaut wurde“, sagt Coels.

Immerhin: Was das Personal der drei Schulen unter einem Dach angeht, sei er fast in einer „Luxussituation“, sagt der Rektor. Die Zahl der Bewerber war größer als die der offenen Stellen. Weil die Personalsorgen derzeit überschaubar sind und Schutzkonzepte, die mehr und mehr von Schulen gefordert werden, schon weit gereift sind, kann man sich in Freiberg auf anderes konzentrieren. In diesem Jahr will das Kollegium einen Fokus darauf legen, wie künftig mit Künstlicher Intelligenz im Unterricht und beispielsweise bei Hausarbeiten umgegangen wird. Außerdem erlebt Coels auch im „schulischen Kontext eine Art Radikalisierung“. Das sei wahrnehmbar im Umgang zwischen Lehrern, Schülern und auch Eltern. „Da müssen wir etwas tun“, sagt Coels.

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