Der Schulstart im Fernunterricht startet in Baden-Württemberg holprig. Bei vielen Schülern und Lehrern streikt die Lernplattform Moodle. Das Kultusministerium verspricht: Die technischen Probleme sollen bald behoben sein.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stuttgart - Punkt 8 Uhr sollte für viele Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg am Montagmorgen der digitale Fernunterricht beginnen – doch bei einigen „schwänzte“ die Lernplattform Moodle. Mancher konnte sich gar nicht einloggen, bei anderen setzten Ton und Bild immer wieder aus. Dass es teilweise technische Probleme gegeben habe, bestätigte auch das Stuttgarter Kultusministerium: „Zum Start des Fernunterrichts heute Morgen haben das Kultusministerium mehrere Rückmeldungen erreicht, dass einige Moodle-Instanzen nicht erreichbar sind, das heißt verlangsamt beantwortet werden oder eine Fehlermeldung erzeugen.“ Dies führe dazu, dass bei Nutzern der Login fehlschlage.

 

Das Wissenschaftsnetz des Landes „BelWü“, das die Plattform betreibt, habe die Probleme bei 200 betroffenen Schulen festgestellt. „In weiten Teilen Baden-Württembergs und bei der überwiegenden Mehrheit der Schulen funktioniert Moodle jedoch störungsfrei.“ Das Überlastungsproblem habe man „umgehend angepackt“ und mehr Pufferkapazitäten zur Verfügung gestellt. Die Probleme sollten damit im Laufe des Tages behoben sein, kündigte das Ministerium an. Laut Kultusministerium nutzen aktuell etwa 600.000 Nutzerinnen und Nutzern und etwa die Hälfte aller Schulen die Lernplattform Moodle.

DDoS-Angriff auf Server

Ein Server wurde auch zum Ziel sogenannter DDoS-Angriffe (Distributed Denial of Service): Bei solchen Attacken werden Server mit einer Flut sinnloser Anfragen in die Knie gezwungen. „Der Angriff wurde sofort bemerkt und abgestellt“, sagte die Sprecherin des Kultusministeriums Christine Sattler auf eine Anfrage unserer Zeitung. „Die Gefahr war uns ohnehin bekannt, weshalb wir im Voraus bereits Maßnahmen gegen solche Fälle ergriffen haben.“

Lehrer, Eltern und Schüler machten ihrem Frust auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter Luft.

Mancher zeigte Verständnis: „Plötzlich ne halbe Million Schüler (alleine in Baden-Württemberg) auf ner Infrastruktur zu haben ist alles außer trivial. Egal ob von BelWü gehostetes Moodle, Zoom, Teams oder was auch immer.“

Moodle ist ein Lernmanagementsystem, über das Schüler und Lehrer online miteinander in Kontakt treten können.

Land investiert kräftig

Das Kultusministerium hatte die Plattform Moodle verbessern müssen, nachdem sie bereits im ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr überlastet gewesen war. Man habe „die Pufferkapazität für Moodle um rund 50 Prozent zusätzlicher Rechenleistung erhöht, um bei einer Störung schnell reagieren zu können“, erklärte das Ministerium von Susanne Eisenmann (CDU) in seiner aktuellen Stellungnahme. 2020 hatte das Land bereits rund 8,4 Millionen Euro in die Lernplattform investiert. Für das Jahr 2021 seien weitere 9,8 Millionen Euro eingeplant.

SPD und FDP üben Kritik

Kritik am verkorksten Moodle-Start kam von der Opposition: „Die Kultusministerin hatte über neun Monate Zeit, um ein funktionierendes Fernlernsystem auf die Beine zu stellen“, sagte SPD-Generalsekretär Sascha Binder. „Aber sie war vermutlich einfach zu beschäftigt mit ihren Wahlkampfveranstaltungen.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf Kultusministerin Susanne Eisenmann und Digitalminister Thomas Strobl (CDU) Totalversagen vor. „Früher hieß es: Wir können alles außer Hochdeutsch! Heute heißt es: Wir können alles außer Schule und impfen!“, sagte Rülke in Anlehnung an eine Werbekampagne des Landes.

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Matthias Wagner-Uhl, der Vorsitzende des Vereins für Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg nannte die Moodle-Probleme einen „eindrucksvollen Beleg, warum die verantwortliche Kultusministerin so hartnäckig auf Präsenzunterricht als aus ihrer Sicht einzig richtigen Ansatz für Schule pocht. Die Plattformen und Server der Landeslösungen waren dem Ansturm hoch motivierter Lernender und ihrer Lehrer:innen nicht gewachsen.“

Teilweise Öffnung am 18. Januar?

Für fast alle Schulen im Land begann das Jahr am Montag mit verpflichtendem Fernunterricht, weil die Corona-Infektionszahlen weiterhin zu hoch sind. Deshalb haben sich Bund und Länder in ihren jüngsten Beratungen darauf geeinigt, frühestens Ende Januar wieder in den flächendeckenden Präsenzunterricht für alle Schularten einzusteigen.

Baden-Württemberg will aber einen Sonderweg gehen und seinen Spielraum nutzen: Falls die Infektionszahlen es zulassen, sollen Kita-Kinder, Grundschüler und die Abschlussklassen ab 18. Januar wieder vor Ort betreut beziehungsweise unterrichtet werden. Eine Entscheidung will die Landesregierung am Donnerstag treffen.