Zwar konnte das Schulamt zum neuen Schuljahr 2023/24 insgesamt 119 neue Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen einstellen, doch das reicht nicht, um alle Lücken zu füllen. Eigentlich waren es sogar 138 Einstellungen, aber 19 Lehrkräfte haben sich direkt beurlauben lassen, weil sie an eine Privatschule wechseln – vorwiegend an sonderpädagogische Schulen. Die interne Reserve (62 Deputate) für Krankheitsfälle und Schwangerschaften ist wie in den Vorjahren laut Schenk bereits komplett verplant.
Wie viele Stellen sind unbesetzt?
31 Stellen sind zum Schulstart noch offen. Immerhin: Das sind weniger als in den Vorjahren. 52 offene Stellen waren es zum Schuljahresbeginn 2022/23. Vor allem an den Grundschulen hat sich die Lage im Vergleich gebessert. Hier gibt es noch vier offene Stellen gegenüber 16 im Vorjahr. Im Sekundarbereich I, also den Werkrealschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschulen, sind es 15 offene Stellen – drei weniger als im Vorjahr. Die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) konnten 47 Stellen ausschreiben und davon 35 Stellen besetzen, haben also eine Lücke von zwölf Stellen. Das strukturelle Defizit sei hier aber deutlich höher, so der zuständige Schulrat, Christof Kuhnle. Die Lage verschlechtere sich von Jahr zu Jahr. Ein SBBZ mit Förderschwerpunkt Lernen sowie sechs Stuttgarter Grundschulen starten zudem ohne offizielle Schulleitung ins Schuljahr, sie werden allesamt kommissarisch geleitet. Für die Schloss-Realschule für Mädchen konnte dagegen noch eine Schulleitung gefunden werden, das Verfahren sei aber noch nicht abgeschlossen, so Schenk.
Was wirkt sich positiv aus?
Es konnten mehr befristete Verträge mit Lehrkräften geschlossen werden, gerade an den Grundschulen (52 Verträge). Meist sind es Quereinsteiger oder Lehrer mit der Qualifikation in nur einem Fach wie Sport, die befristet angestellt werden. Und noch etwas freut die für die Grundschulen zuständige Schulrätin Claudia Scherer: „Wir haben viele Aufstockungen“. Auch kleine Stundenzahlen summierten sich. „Ich finde das ein schönes Zeichen von den Lehrkräften, dass sie ihre Schulen unterstützen“, sagte sie. Die öffentlich umstrittene Werbekampagne des Kultusministeriums habe sich bei ihnen positiv bemerkbar gemacht, so Schulamtsleiter Schenk: „Das wirkt.“ Neun Lehrkräfte, davon sechs am SBBZ, konnte das Schulamt zudem über den Direkteinstieg einstellen. Diese Möglichkeit gibt es für Personen, die ein Fach wie Mathematik studiert haben, aber dies nicht auf Lehramt. Sie erhalten einen Mentoren an die Seite gestellt und durchlaufen eine Qualifizierungsphase.
Wie entwickeln sich die Schülerzahlen an den Grundschulen?
Landesweit gibt es in diesem Jahr mehr Erstklässler – das ist auch in der Landeshauptstadt so. 4592 Kinder werden in der ersten Schulwoche in einer der 69 öffentlichen Grundschulen der Landeshauptstadt eingeschult. Zum Vergleich: 4368 Erstklässler waren es im Vorjahr, Im Jahr 2021 waren es sogar nur 4198 Kinder. Die Zahl der Klassen erhöht sich auf 201, gegenüber 196 und 183 Klassen in den beiden Jahren zuvor. Insgesamt besuchen 17 374 Schülerinnen und Schüler im neuen Schuljahr eine Regelklasse in einer der 69 öffentlichen Stuttgarter Grundschulen. Im Schnitt sitzen 22,8 Kinder in der ersten Klasse, 22,4 Kinder sind es über alle Stufen verteilt.
Wie sieht es an Sek-1-Schulen aus?
Hier sinken die Schülerzahlen. Vor allem die Werkrealschulen schrumpfen. Nur noch 171 Fünftklässler und 1339 Schüler insgesamt besuchen eine Werkrealschule – der Trend ist seit Jahren rückläufig. Dennoch werden neun fünfte Klassen gebildet, wie in den Vorjahren, mit im Schnitt 19 Kindern in der Klasse. Die Gemeinschaftsschulen haben zwar einen Zuwachs in Klasse fünf von 415 im vergangenen Schuljahr auf 433 Schülerinnen und Schüler – doch die Gesamtschülerzahl verringert sich von 3095 auf 2765. Die Schickhardt-Gemeinschaftsschule, die bis zum Abitur führt, erfreut sich vergleichsweise hoher Nachfrage. Sie sei in der fünften Klasse wieder vierzügig und laut der zuständigen Schulrätin in der Stufe „voll“. Zudem starteten noch nie so viele dort in die Klassenstufe 11 – 86 sind es. Zum Vergleich: in der 13. Klasse, es ist der erste Abiturjahrgang der Schule, sind 27 Schülerinnen und Schüler. Auch die Realschulen vermelden rückläufige Zahlen: 876 Fünftklässler bedeutet ein leichtes Minus gegenüber dem Vorjahr (892) – insgesamt besuchen 6505 Schüler eine Realschule, gegenüber 7040 in 2022.
Wie ist die Lage an den SBBZ?
Hier ist vor allem ein Trend auffällig: Der Anteil der inklusiv beschulten Kinder sinkt. 705 Inklusionskinder waren es im Schuljahr 2021/22, 572 im Schuljahr 2022/23 – jetzt nur noch 533. Woran das liegt? Dem will man im Schulamt jetzt nachgehen. Weniger Kinder mit Förderbedarf gibt es nicht – die Schülerzahlen an den Sonderschulen sind analog zum Rückgang der Inklusion gestiegen. Angesichts des Klassenteilers von sechs an den SBBZ stehe man vor „großen Herausforderungen“, so Schulrat Kuhnle.
Wie viele Vorbereitungsklassen gibt es?
Eine ebenfalls große Herausforderung ist laut Schenk die Beschulung zugewanderter und geflüchteter Kinder und Jugendlicher. Wie zum Schuljahresende werden wieder 77 Internationale Vorbereitungsklassen gebildet, die sich auf 51 Standorte verteilen. Im Juni 2022 waren es 58 Klassen. Es mangelt der stellvertretenden Schulamtsleiterin Birgit Popp-Kreckel zufolge vor allem an Räumen. „Das ist das Nadelöhr“, sagte sie. Man versuche eine gleichmäßige Verteilung übers Stadtgebiet. Was das Personal angeht, habe man „glücklicherweise sehr viele Anfragen“ gehabt und konnte viele Lehrkräfte befristet anstellen, alle Stellen seien besetzt. Neben den Vorbereitungsklassen gebe es an neun Gymnasien Willkommensklassen für ukrainische Schülerinnen und Schüler. Im Juli haben 1560 Jungen und Mädchen eine Vorbereitungsklasse besucht. Nach ein bis zwei Jahren werden die Kinder in die Regelklassen integriert, deshalb ist die Fluktuation generell hoch.