Inhaltlich lässt sich Schulz’ Vorwurf verstehen. Das Wort „Anschlag“ war ungeschickt und macht eine Debatte über Merkels nicht unproblematischen Regierungsstil unwahrscheinlicher, kommentiert Christopher Ziedler.

Berlin - Angela Merkel ist nie die Erste, die sich festlegt. Es gehört zum Erfolgsrezept der Kanzlerin, sich alle Meinungen anzuhören, ehe sie eine Entscheidung trifft. Die beiden Male, als sie spontan Entschlüsse fasste – in der Flüchtlingskrise und nach Fukushima –, trugen ihr prompt großen Ärger ein. Die Juniorpartner ihrer Koalitionen jedenfalls haben stets Mühe gehabt, Merkel zu stellen. Aus Sicht des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz ist es also durchaus verständlich, wenn er nun nicht einen einzelnen inhaltlichen Punkt, sondern diesen Regierungsstil selbst zu attackieren versucht. Dass Merkel keine Angriffsflächen bieten will und die direkte Konfrontation meidet, ist schwerlich zu bestreiten – ebenso wenig, dass der demokratische Wettstreit in den vergangenen Jahren darunter gelitten hat.

 

Es ist aber auch der Ton, der die Musik macht. Um das Thema zu setzen, hat Schulz von einem „Anschlag“ auf die Demokratie gesprochen. In Zeiten allgegenwärtiger Terrorgefahr war das mindestens ungeschickt, wenn nicht sogar geschmacklos. Hätte er beispielsweise nur von einem „Problem“ für die Demokratie gesprochen, wenn sich eine Regierungschefin vorzugsweise erst am Ende einer Debatte positioniert, hätte über die Sache selbst debattiert werden können. Mit dem „Anschlag“ ist das schwieriger geworden.