In einer Serie erzählen Menschen, die bekannt geworden sind, von ihrer Schulzeit in einem der Bezirke unterm Fernsehturm. Diesmal: der Autor und Mundart-Dichter Gerhard Raff, der in Degerloch zur Schule ging.

Degerloch - In die Schule muss jeder. Der Mundart-Dichter Gerhard Raff aus Degerloch hatte was übrig für Deutsch, Englisch, Französisch, Geschichte und Religion. Trotz der vielen Lieblingsfächer hat ihm eines gefehlt: Dialektologie.

 
Meine Schulen:
Sehr glücklich ab 1953 auf der Filderschule Degerloch, dann 1957 vom Volksschullehrer zwangsweise auf dem Wilhelms-Gymnasium angemeldet.
Spitzname in der Schulzeit: Wegen allzu vieler Gerhards in der Klasse nach einem Obergscheitle im ersten Englischbuch in „Tim“ umbenannt.
Kernfächer: Deutsch, Englisch, Französisch, Mathe
Lieblingsfach: Die Ersteren drei, dazu Geschichte und Religion
Hassfach: Mathe, Physik, Chemie (zumeist Lehrer, die mich bis heute gelegentlich in Horrorträumen verfolgen)
Lieblingslehrer:
Dr. Karl-Heinz Häußler (1926-2014), ohne den ich nie bis zum Abitur durchgehalten hätte, und noch ein paar andere hervorragende Pädagogen.
Ein Fach, das der Schule gefehlt hat:
Dialektologie
Gerhard Raff Foto: privat
Meine Rolle in der Klasse: Einziges Bauernbüble auf der ganzen Schule. Beurteilung beim Übergang zur Oberschule: „Gerhard Raff ist klein und lebhaft, humorvoll und zutraulich. Seine schulischen Leistungen lassen Großes erwarten.“
Meine perfekte Lunchbox:
Ein Butterbrot in Mehrweg-Pergamentpapier verpackt
Mein Lieblingsort in der großen Pause:
Im Klassenzimmer, wo ich die Hausaufgaben abgeschrieben habe, die ich daheim wegen freiwilliger Mitarbeit in der mütterlichen Landwirtschaft nicht machen konnte und wollte.
Mein Schwarm in der Schulzeit:
A) Wie unsere halbe Klasse: Evi G., nachmals S., von der Oberen Weinsteige. B) Brigitte B. von St. Tropez
Das Highlight meiner Schulkarriere:
Die Erfindung des manche fade Schulstunde erträglicher machenden Schulgeistes HUTZ (Die Hutzelei war 1966 zeitweise Stuttgarter Stadtgespräch)
Genialster Streich:
Bei der Verabschiedung des gefürchteten Schulleiters J. L. störte ein wie von Geisterhand genial herabgerolltes Spruchband von
HUTZ (unter großem Jubel ) die erhabenen Feierlichkeiten mit den in Frack und Zylinder angereisten Spitzen von Staat, Stadt und Gesellschaft.
Das wollte ich werden, wenn ich groß bin:
Lehrer am (späteren Freund Loriot seinem) altehrwürdigen Eberhard-Ludwigs-Gymnasium
In Erinnerung geblieben ist mir...
...da reichen selbst zwei Zeitungsseiten nicht!
Die letzte Stunde freitags war ich...
Wir hatten erst samstags um 12.30 Uhr „Wochenend und Sonnenschein“.
Ich musste schon mal nachsitzen, da ich....
...immer mal wieder ohne Hausaufgaben erwischt wurde. Meine hilflos-arrogante Ausrede: „Wer so was nötig hat, der hat auf der Oberschule nichts verloren.“
Kontakt zu alten Schulkameraden...
...leider immer öfter bei Beerdigungen.
Wiedersehen mit meiner Schule:
Als Festredner bei 100 Jahre WG 1996 und bei 100 Jahre Filderschule 2014, bei Letzterem überaus dankbar und vergnügt.

Biografisches zu Gerhard Raff:

Gerhard Raff wird 1946 in Degerloch geboren. Er stammt aus einer Bauern- und Weinbaufamilie. Abends hilft er meist seiner Mutter bei der Arbeit. Nach dem Abitur studiert er Geschichte und evangelische Theologie in Tübingen. 1984 promoviert er. Bereits von 1973 an macht er sich einen Namen als schwäbischer Kolumnist bei der Stuttgarter Zeitung.

Durch sein Werk „Herr, schmeiß Hirn ra!“ wird er zum wohl meistgelesenen Dialektautor der Gegenwart. Raff veröffentlicht mehr als zehn Bücher. Die Einnahmen aus den Publikationen behält der Degerlocher allerdings nicht selbst, sondern stiftet diese an kulturelle, soziale und ökologische Projekte in aller Welt. Erst vergangenes Jahr erhielt Raff den Sebastian-Blau-Ehrenpreis desVereins „schwäbische mund.art“. Weitere Informationen im Internet unter www.gerhardraff.jimdo.com