Der Alpenbock, ein seltener Käfer, fühlt sich in den Buchenwäldern rund um den Hohenneuffen besonders wohl. Um ihn und die gesamte Waldgesellschaft zu schützen, werden die Grenzen zwischen Bann-und Schonwaldgebieten neu gezogen.

Neuffen - Gute Nachrichten für den Alpenbock und die Spanische Flagge. Dem kleinen Käfer mit der markanten Körperzeichnung und den auffälligen blau-schwarz gestreiften Fühlern sowie dem farbenfrohen Schmetterling winken ein sorgenfreies Leben am Rand der Schwäbischen Alb. Den beiden seltenen Bewohnern der Buchenwälder am Albtrauf soll, ebenso wie anderen Tier-und Pflanzenarten in diesem Biotopverbund, nämlich ein besonderer Schutz zuteil werden. Das Tübinger Regierungspräsidium hat als zuständige höhere Schutzbehörde jetzt die Schutzgebietsverordnung zum neu abgegrenzten Schonwald Hohenneuffen erlassen.

 

„Die Waldmeister-Buchenwälder, Orchideen-Buchenwälder und Schluchtwälder der Schwäbischen Alb sowie die seltenen Tierarten tragen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Europa bei. Die Ausweisung dieses Gebiets als Schonwald sichert den Schutz dieser Vorkommen“, sagt der Tübinger Regierungspräsident, Jörg Schmidt.

Aus Schon- wird Bannwald

Was Käfer und Schmetterling vielleicht noch nicht wissen: schon seit dem Jahr 2004 gibt es rund um die 734 Meter hohe Burgruine Hohenneuffen einen Schonwald, der in seiner ursprünglichen Ausdehnung zunächst rund 91 Hektar umfasst hat. In diesem Bereich ist laut der Definition des Landeswaldgesetzes die Waldgesellschaft, zu deren kleinsten Mitglieder der Alpenbock und die Spanische Flagge zählen, zu entwickeln und zu erneuern.

Dafür sorgt der Mensch. Entsprechend dieser Zielsetzung legt er Pflegemaßnahmen und naturverträgliche Bewirtschaftungsweisen fest. Das macht er, der Mensch, in landesweit derzeit 368 ausgewiesenen Schonwäldern, die eine Fläche von rund 19 100 Hektar einnehmen. Neu ist im Forst rund um den Hohenneuffen, dass den bisher 91 Hektar Schonwald nun rund 28 Hektar abgeknapst worden sind. Zu aller Vorteil, denn diese 28 Hektar sind, Alpenbock und Spanische Flagge werden sich besonders freuen, in die Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb und damit in eine übergeordnete Schutzkategorie überführt worden. Als Bannwald sind die betreffenden Flächen nun dem menschlichen Zugriff auf alle Zeiten entzogen. Sie bleiben der eigendynamischen Entwicklung überlassen. Alte, morsche und gestürzte Bäume werden nicht mehr ausgeräumt, Wanderer und Spaziergänger müssen sich streng an die ausgewiesenen Wege halten, sofern es solche überhaupt noch gibt.

Das Ziel ist es, diesen Wald sich ungestört zum „Urwald von morgen“ entwickeln zu lassen. Das gilt für die ausdrücklich als Bannwald ausgewiesenen Gebiet ebenso wie für alle Kernzonen des Biosphärenreservats Schwäbische Alb. Die Kernzonen sind den Bannwäldern rechtlich gleichgestellt. Auch dort sind im Rahmen des Prozessschutzes Pflegemaßnahmen und Holzentnahmen auf Dauer ausgeschlossen.

Erkenntnisse für Wirtschaftswald erhofft

Ganz sich selbst überlassen bleiben die so ausgewiesenen Bannwälder und die Kernzonen des Biosphärengebiets dann aber doch nicht. Die Wissenschaftler haben einen wachen Blick auf die natürlichen Abläufe in der Waldgesellschaft und dokumentieren den fortschreitenden Rückschritt. Der Mensch wäre nicht Mensch, wollte er daraus nicht auch ordentlich Profit schlagen wollen. „Die Erkenntnisse in der Bannwaldforschung sollen auch Hilfestellung für die Behandlung von Wirtschaftswäldern geben“ heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung des Tübinger Regierungspräsidiums. In Baden-Württemberg sind den Zahlen des Regierungspräsidiums zufolge derzeit 126 Bannwälder mit einer Gesamtfläche rund 9300 Hektar ausgewiesen.

Der rund um den Hohenneuffen übrig gebliebene Schonwald umfasst in seiner neuen Abgrenzung noch rund 63 Hektar. Das entspricht etwa der Größe von 63 Fußballfeldern. 59 Hektar des neu gefassten Schonwaldbereichs gehören dem Land Baden-Württemberg. Rund vier Hektar des Schonwaldes befinden sich im Besitz der Stadt Neuffen. Obwohl Neuffen, wie auch der gesamte Landkreis Esslingen, eigentlich im Verantwortungsbereich des Stuttgarter Regierungspräsidium liegt, obliegt die forstliche Planung dem Regierungspräsidium in Tübingen.

Die höhere Forstbehörde, die ihren Sitz in der Universitätsstadt am Neckar hat, ist in beiden Regierungsbezirken sowohl für den Staatswald, als auch für die in Gemeindehand befindlichen Wälder und für die Privatwälder zuständig. Zu den in Tübingen angestellten forstlichen Planungen zählt auch die Ausweisung neuer Waldschutzgebiete, wie sie im Landeswaldschutzgesetz geregelt ist.