Schon fehlen dramatisch viel Schutzkleidung und Atemmasken in den Kliniken. Zwei Abgeordnete von Grünen und FDP aus dem Land fordern, dass deutsche Unternehmen in die Produktion einsteigen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Schon jetzt ist in einigen baden-württembergischen Regionen die Versorgung der Kliniken mit Atemmasken und medizinischer Schutzkleidung kaum mehr sicherzustellen. Am Freitag haben die IHK des Rems-Murr-Kreises, der Landkreis und die dortigen Kliniken Unternehmen aufgerufen, ihnen wo immer möglich Atemmasken, Schutzanzüge und Handschuhe zur Verfügung zu stellen.

 

„Die Mitarbeiter der Rems-Murr-Kliniken, des Rettungsdienstes, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Einrichtungen im Rems-Murr-Kreis brauchen Ihre Unterstützung“, heißt es in einem dramatischen Appell, den Landrat Richard Sigel, IHK-Präsident Claus Paal und IHK-Geschäftsführer Markus Beier unterzeichnet haben.

Bei den täglich weiter anwachsenden Fallzahlen zeichne sich bereits in Kürze ein Engpass an Atemschutzmasken (FFP-2 oder 3) und medizinische Schutzkleidung sowie Nitril-Handschuhen ab, da bereits zugesagte Lieferungen auf dem Transportweg hängen und sich verzögern werden. Deshalb bitten sie alle Unternehmen, die solche Güter haben, sie kurzfristig zur Verfügung zu stellen, heißt es in der Mitteilung weiter.

Schutzausrüstung ist in vielen Kliniken Mangelware

Weil die Knappheit mit medizinischer Schutzausrüstung kein Einzelfall ist, fordern die beiden baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten Michael Theurer (FDP) und Franziska Brantner (Grüne), dass deutsche Unternehmen in großem Stil in die Produktion solcher Schutzausrüstung einsteigen. Eine solche, möglichst auf europäischer Ebene koordinierte Initiative fordern die Oppositionspolitiker von der Bundesregierung, insbesondere von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

„Wir müssen eine politische Initiative starten, damit deutsche Unternehmen jetzt auf die Produktion von Atemmasken und medizinischer Schutzkleidung umsteigen, um unseren eigenen Bedarf und den Bedarf in den europäischen Ländern zu decken“, forderte der FDP-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Michael Theurer im Gespräch mit unserer Zeitung. Deshalb halte er auch die bundesweite Ausrufung des Katastrophenfalls für notwendig.

Brantner will Produktion europaweit koordinieren

„Das muss die Bundesregierung mit Priorität voranbringen und zwar in europäischer Kooperation“, erklärte auch die Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner. Wenn die Unternehmen ihre Produktion entsprechend umsteuerten und man dies europäisch koordiniere, sollte man in Europa die dringend benötigten Atemmasken und Schutzkleidung in ausreichender Zahl und aus eigener Kraft produzieren können. Brantner sieht vor allem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in der Pflicht.

„Sowohl die Umstellung der Produktion auf diese medizinischen Güter kostet Geld, als auch die Rückumstellung, die irgendwann vollzogen werden kann“, sagt sie, „die Firmen müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat diese Kosten übernimmt.“

Firmen sollen ihre Produktion umsteuern

Das sieht auch der FDP-Landesvorsitzende so. „Unsere Unternehmen können das. Und die Medizin braucht das, um Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, mit angemessenem Eigenschutz behandeln zu können“, fügt Theurer hinzu. „Wir als leistungsfähiges Industrieland müssen jetzt kreativ werden, um diese Versorgung aus eigener Kraft sicherzustellen.“ Theurer hört aus Kliniken und von Behörden im Südwesten, dass zum Beispiel auch in Karlsruhe und Esslingen die medizinische Schutzausrüstung bereits jetzt extrem knapp wird.

Im städtischen Klinikum Karlsruhe müsse möglicherweise bald der Notstand ausgerufen werden, weil die Schutzmasken nur noch für zehn Tage reichten. „In ganz Europa ist medizinische Schutzausrüstung Mangelware, und der Bedarf wird noch für eine lange Zeit steigen“, fügt der Liberale hinzu.

Die Grünen-Abgeordnete sagt, sie freue sich, dass baden-württembergische Firmen wie der Kleidungshersteller Trigema aus Burladingen und Bilgram Chemie aus Ostrach freiwillig in diese Richtung gehen. „Aber damit ist der Bedarf an medizinischen Gütern, der ja noch wachsen wird, nicht zu decken“, sagt Franziska Brantner. Hier sei neben der Kreativität und Solidarität der Unternehmen eben auch staatliche Steuerung nötig.