Lara zieht den sogenannten Rakel über den Rahmen. Das Werkzeug, das ein bisschen wie ein Fensterabzieher aussieht, verteilt die neonorangene Farbe auf der Schablone und druckt das Motiv auf das untergelegte Papier. Alex nimmt das frischbedruckte Blatt hervor und betrachtet es. „Ui ui ui, das ist cool“, er scheint zufrieden zu sein mit dem Ergebnis. Der Siebdruck zeigt eine Fantasy Novel, die von einer Heldin namens Oliph handelt, illustriert von Alex.
Dank der neuen Siebdruckwerkstatt Druckeria in der Schwabenbräu-Passage in Bad Cannstatt kann der 36-Jährige seine Illustrationen nun an professionellen Geräten vervielfältigen. Die Werkstatt öffnete Mitte Juli ihre Türen. „Ich bin über meine Tante auf die leere Fläche aufmerksam geworden“, berichtet Lara. „Sie arbeitet beim Deutschen Roten Kreuz und das hat ja direkt nebenan die Kleiderkiste.“ Die Grafikdesignerin zog in die leer stehenden Räume im Erdgeschoss ein und arbeitet jetzt zusätzlich zu ihrem Job in einem Stuttgarter Designbüro mehrere Tage pro Woche in ihrer eigenen Werkstatt.
Früher war hier eine Shisha-Bar
Bevor die Druckeria eröffnen konnte, musste allerdings einiges renoviert werden. Lara musste unter anderem streichen, putzen und die Geräte aufbauen. Früher war hier eine Shisha-Bar. Noch immer lüftet Lara viel, damit der Shisha-Geruch ganz verschwindet und immer mal wieder schneit ein Cannstatter vorbei, der seine alte Bar sucht.
Heute ist die 31-Jährige froh, dass sie nicht mehr zuhause drucken und die Siebe in der Badewanne auswaschen muss. Das Tolle an der Schwabenbräu-Passage, die früher mal ein Kino und ein Hotel war und bis zu ihrem Abriss als Raum für Subkultur genutzt werden soll, sei, dass man im Austausch mit den anderen dort ansässigen Vereinen stehe und sich immer spontan was ergebe. So sei jetzt am Samstag im Rahmen des Stuttgarter CSD eine große Feier im Prisma und im Sunny High Club geplant. Lara sei gefragt worden, ob sie passend dazu einen T-Shirt-Siebdruck anbieten könne. „Das Konzept der Zwischennutzung bietet viel Raum zum Experimentieren“, sagt Lara.
Keine Massenproduktionen
Auch Alex hat im Homeoffice der Austausch mit anderen Künstler:inne gefehlt. Der selbstständige Illustrator macht unter anderem Graphic Novels, Logos, animierte Erklärfilme oder auch den Comic für die Kinderzeitung der Stuttgarter Zeitung. Bei Lara lernt er nun den Siebdruck kennen.
Die Druckeria solle vor allem ein Ort zum Experimentieren sein. Große Massenproduktionen sieht Lara hier nicht. Viel mehr möchte sie den Raum mit anderen Künstler:innen und Interessierten teilen und zum Beispiel Workshops anbieten. Auch Angebote für Cannstatter Jugendliche könne sie sich gut vorstellen. „Ich würde es cool finden, wenn die Druckeria im kulturellen Bereich aktiv bleibt und auch andere Leute herkommen und hier drucken.“
Druckeria, Bahnhofstr. 14-18, Stuttgart-Bad Cannstatt