Schwabenpark in Kaisersbach Ein besonderer Tag für besondere Menschen

Ein Verein aus Urbach verschafft 1500 Menschen mit Handicap mit einer beeindruckenden Aktion erlebnisreiche Stunden im Schwabenpark in Kaisersbach.
Kaisersbach - Melanie Koch, ihre Mutter Ingrid und ihre Schwester Tanja zählen zu den Unerschrockenen. Gerade erst sind die drei Frauen aus Nürtingen (Kreis Esslingen) die Baumstammrutsche hinabgesaust und ordentlich nass geworden, als sie in Wasser geplatscht sind, schon denken sie über die Achterbahn nach. „Das haben wir im Holidaypark auch gemacht. Voraussetzung ist natürlich, dass ich Melanie richtig festhalten kann“, sagt Ingrid Koch. Ihre Tochter in das Gefährt hinein zu bekommen, sei gar kein Problem, sagt sie und grinst.
Vom Spezialrollstuhl in die Baumstammrutsche
Die 30-jährige Melanie ist auf einen Spezialrollstuhl angewiesen, Spinale Muskelatrophie (SMA) lautet der Fachbegriff für ihr Handicap, das sie zunehmend in ihrer Selbstständigkeit einschränkt. Am Freitag indes konnte sie mit ihrer Familie einen ebenso unbeschwerten wie exklusiven Nachmittag verbringen. Von 16 Uhr an ist der Schwabenpark in Kaisersbach ausschließlich für Kinder mit Behinderungen oder schweren chronischen Erkrankungen reserviert gewesen. Möglich gemacht hat dies der Urbacher Verein Die Schatzkiste. Der hatte den Erlebnispark nicht nur komplett gemietet – und das aus Eigenmitteln von Benefizveranstaltungen und mithilfe von Sponsoren bezahlt –, sondern kümmerte sich auch um das Drumherum wie medizinische Betreuung und Notfallrettung.
1500 Menschen konnten sich bei der Schatzkiste für diesen Special Day bewerben. Das Limit habe man sich gesetzt, um einen möglichst entspannten Rahmen zu schaffen, sagt der Vereinsvorsitzende Benjamin Meitinger. Bis zu 4500 Gäste werden an guten Tagen dort gezählt. Für die mehr als hundert ehrenamtlichen Helfer, die an dem Tag im Einsatz waren, bedeutete das besondere Angebot für besondere Menschen freilich schon im Vorfeld harte Arbeit. Schließlich mussten die Eintrittskarten, die man unter anderem über soziale Einrichtungen und Hospizvereine ausgelobt hatte, vergeben und der Tag selbst samt Rahmenprogramm, Notfallplänen und Abschlussshow vorbereitet werden.
Tipp von der Ergotherapeutin
Dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat, lässt sich an zahllosen begeisterten Kinderaugen ablesen. Benjamin Dolderer aus Waldhausen (Ostalbkreis) zum Beispiel steht der Eindruck nach einer rasanten Abfahrt mit seinem Vater Thomas noch ins Gesicht geschrieben. Der Dreijährige ist seit seiner Geburt durch eine Hemiparese, eine halbseitige Lähmung, in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Der Tipp für den Special Day kam von Benjamins Ergotherapeutin. „Wofür wir sehr dankbar sind“, sagt der Vater, „denn das hier ist eine tolle Sache.“
Vater: Man muss sich keine Gedanken machen
Aber ist es nicht ein merkwürdiges Gefühl, wenn solch ein Nachmittag ausschließlich gehandicapten Menschen vorbehalten ist? „Im Gegenteil“, sagt Roland Jeck aus Backnang, „ich finde das sogar sehr befreiend.“ Seine siebenjährige Tochter Lara lebt die meiste Zeit in ihrer eigenen Welt, sie kommuniziert kaum auf herkömmliche Weise. Die Ärzte sprechen von einer Entwicklungsstörung, die aber an keiner genauen Diagnose festgemacht werden kann. Während das zarte Mädchen jetzt in seinem Rollstuhl sitzt und scheinbar gedankenverloren ruhig vor sich hin blickt, habe sie sich vor ein paar Minuten unvermittelt auf den Boden geworfen und geschrien, sagt der Vater. „In diesem Rahmen aber fällt das gar nicht auf. Es tut gut, dass man sich um so etwas gar keine Gedanken machen muss.“ Auch Lara scheint das Erlebnis zu genießen. Mittlerweile sitzt sie im Arm ihrer Mutter auf einem sich sanft wiegenden Karussellpferd, der Blick ist starr nach vorn gerichtet – aber was über ihr Gesicht huscht, sieht aus wie ein höchst zufriedenes Lächeln.
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