Allen einfachen Klischees zum Trotz: Die Schwaben sind ein vielschichtiges Völkchen. Die Große Landesausstellung im Alten Schloss führt das anschaulich vor Augen.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Eine Große Landesausstellung zum Thema Schwaben? Was sagt derjenige dazu, um den es geht, der Schwabe? Die wahrscheinlichste Antwort: „Des wär doch net nötig gwesa!“ Nach dem Besuch der Ausstellung „Die Schwaben zwischen Mythos & Marke“, die an diesem Samstag für das Publikum öffnet, dürfte der erste Impuls der Feststellung weichen: „Doch, es isch nötig gwesa!“ Auch wenn diese Landesausstellung – eine für Schwaben nicht unwesentliche Information – 1,6 Millionen Euro kostet. Und man darf hinzufügen: Es ist nicht nur nötig, sondern sogar überfällig, dass sich das hiesige Landesmuseum der Schwaben in großem Stil annimmt – zum ersten Mal überhaupt.

 

Warum überfällig? Weil es in einer immer komplizierteren Welt verlockend ist, in Folklore zu flüchten? Weil es leichter ist, Nabelschau zu betreiben, als sich dem Geschehen um uns herum zu stellen? Oder vielleicht, weil Mundart im Begriff ist auszusterben und Dialektsprecher inzwischen ein Fall fürs Museum sind? Nein, aus diesen Gründen ist eine Große Landesausstellung nicht notwendig. Sie ist nötig, um besser zu verstehen, was die Menschen auf diesem Flecken Erde ausmacht. Wie wir wurden, wofür andere uns halten und was wir selbst zu sein glauben. Mit anderen Worten: Wo wir herkommen, auf wessen Schultern wir stehen und auf welchen nicht. Es geht nicht um Selbstbespiegelung, sondern um Selbsterkenntnis und Selbstverständnis.

So gesehen ist einiges zu erwarten: Die Große Landesausstellung führt einem vor Augen, wie eindimensional gängige Schwaben-Klischees sind, dass in Wahrheit Vielfalt und Vielschichtigkeit das Schwäbische kennzeichnen. Die Schwaben sind, was schon ihre Namensgeber, die Sueben, waren, „eine recht bunte Schar“, um ein Wort des Kulturwissenschaftlers Hermann Bausinger zu zitieren. Das Thema Integration zieht sich durch ihre Geschichte. Diese Buntheit ist in den vergangenen Jahren noch intensiver geworden. Die hier lebenden „Käpsela“ tragen heute häufig nichtschwäbische Namen. Insofern kann man sagen: In Schwaben spiegelt sich die Welt. Und umgekehrt: Den Schwaben steht sie offen.

jan.sellner@stzn.de