Daimler reagiert auf die schwache Lkw-Nachfrage in Nordamerika. Der Autokonzern streicht dort insgesamt 1240 Jobs.

Stuttgart - Die schwache Lkw-Nachfrage auf dem US-Markt kostet weitere Daimler-Mitarbeiter ihren Job. Der Autokonzern teilte mit, dass in mehreren Fabriken in den USA sowie in Mexiko 1240 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Dies ist bereits der dritte Einschnitt in diesem Jahr. In den vergangenen Monaten war bereits angekündigt worden, dass insgesamt 2150 Beschäftigte in den USA ihre Stelle verlieren. Zum Jahresende beschäftigten die Stuttgarter dort insgesamt 17 127 Mitarbeiter in der Truck-Sparte. Die Tochter Freightliner ist dort Marktführer bei den schweren Lastwagen. Daneben verkauft Daimler dort Trucks der Marke Western Star.

 

Der US-Markt war für mehrere Jahre das Zugpferd für die Lkw-Sparte der Stuttgarter. Im vergangenen Jahr nahm dort der Absatz um rund 13 Prozent auf fast 167 000 Fahrzeuge zu. Die Vereinigten Staaten sind damit mit Abstand der wichtigste Lkw-Markt für Daimler. Um die hohe Nachfrage zu bewältigen, hatte der Konzern Zusatzschichten gefahren. Zugleich wurde nach Angaben einer Sprecherin des Unternehmens mit den Gewerkschaften vereinbart, dass der Personalstand wieder verringert wird, wenn sich die Nachfrage abschwächt. Nunmehr wird für das laufende Jahr dort nach Angaben des Unternehmens mit einem Einbruch des Marktes für schwere Lastwagen um 15 Prozent gerechnet. Den Mitarbeitern, die ihren Job verlieren, wird zugesichert, dass sie als erste eingestellt werden, wenn der Markt wieder anzieht.

Der Gegenwind für die Truck-Sparte nimmt zu

Daimler hatte bereits zum Jahresauftakt mit Gegenwind im weltweiten Lkw-Geschäft gerechnet. Das Marktumfeld bleibe schwierig und werde vermutlich noch schwieriger als 2015, kündigte Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard, der Chef der Lkw-Sparte, im Februar an. Vor wenigen Wochen musste Bernhard seine Planung für das laufende Jahr nach unten korrigieren. „Die seit Monaten sehr anspruchsvolle Lage in den globalen Lkw-Märkten hat sich nochmals verschärft“, berichtete Bernhard im Mai. Deshalb werde nun erwartet, dass der Absatz und der Gewinn der Lkw-Sparte 2016 „deutlich unter dem sehr guten Vorjahr“ liegen werden. Für den Konzern wird dagegen trotz dieser Korrektur weiterhin mit einem leichten Anstieg des Gewinns gerechnet.

Im Vorjahr erzielte Daimler Trucks ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Dies war der höchste Gewinn der Geschichte. Auch wenn die Prognose gesenkt werde, so Bernhard, erwarte die Lkw-Sparte immer noch ein Ergebnis auf hohem Niveau. 2016 werde eines der ertragsstärksten Jahre für Daimler Trucks. An diesem Mittwoch will Bernhard bei einer Investorenkonferenz einen aktuellen Überblick über die Geschäftsentwicklung geben.

Brasilien ist schon seit längerem eine große Baustelle

Schwach entwickeln sich nach Angaben des Unternehmens neben Nordamerika auch die Märkte im Mittleren Osten, wo der niedrige Ölpreis die Nachfrage bremst, sowie die Türkei, Indonesien und Brasilien. Das größte südamerikanische Land ist schon seit Längerem eine große Baustelle für die Lkw-Sparte von Daimler, weil der brasilianische Markt immer weiter einbricht. Im laufenden Jahr rechnet der Konzern dort mit einem Einbruch des Marktes um rund 20 Prozent. In den vergangenen Jahren sind dort bereits über Abfindungsprogramme rund 3000 Stellen gestrichen worden. Insgesamt beschäftigt die Truck-Sparte in dem Krisenland 11 500 Mitarbeiter. Schon seit Monaten wird mit der Gewerkschaft über weitere Stellenstreichungen verhandelt. Vor Kurzem wurde ein weiteres Abfindungsangebot aufgelegt. Wie groß der Druck ist, zeigt sich daran, dass derzeit 1800 Mitarbeiter in bezahltem Urlaub freigestellt sind, nachdem die Kurzarbeit Ende Mai ausgelaufen ist. Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht hatte vor einigen Monaten erklärt, dass die Arbeitnehmervertreter Kündigungen ablehnen. Daimler-Vorstand Bernhard sagte im Februar, dass man sozial verträgliche Lösungen anstrebe, Kündigungen jedoch nicht ausschließen könne.

Besser als zunächst erwartet entwickelt sich dagegen der europäische Markt. Für das Lkw-Werk im rheinland-pfälzischen Wörth wird weiterhin mit einer stabilen Auslastung gerechnet. Der europäische Branchenverband Acea kündigte Anfang Juni an, dass der EU-Markt für Nutzfahrzeuge in diesem Jahr deutlich wachsen werde. Von Januar bis April legten die Neuzulassungen hier um fast 13 Prozent zu. Daimler hat allerdings darauf hingewiesen, dass der Wettbewerbsdruck in der Heimatregion stark zugenommen habe und die Preise ebenfalls unter Druck seien.