Er kam, biss in eine Pizza und weihte sein Bad ein: Bud Spencer hat am Freitag Schwäbisch Gmünd auf den Kopf gestellt. Es ist Win-win-win-Zeit für die Stadt.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Schwäbisch Gmünd - Seine Hände sehen immer noch aus, als könnten sie jederzeit eine Delle in die Gewürzgurke hauen, wie Bud Spencer im Film „Das Krokodil und sein Nilpferd“ einem Kontrahenten mal drohte. Das Mikrofon im Gmünder Ratssaal verschwindet fast ganz in seiner rechten Faust. Am Ende dieser Pressekonferenz, das muss wohl erwähnt werden, wird das Gerät aber unversehrt geblieben sein.

 

Ansonsten hat sich Carlo Pedersoli im 82. Jahr seines Lebens in einen Mann verwandelt, der einen Gehstock braucht und dessen Stimme das dröhnende Timbre von einst nur noch ahnen lässt. Egal, er ist hier, ein bisschen, um sich Fragen von Journalisten zu stellen, aber eigentlich, um an einer Promotionsveranstaltung teilzunehmen, durch die geschmeidig der Gmünder Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU) führt. „Ich glaube, wir können alle mal applaudieren“, ruft er den vielen Dutzend Journalisten zu, als er, die Amtskette um den Hals, mit Bud Spencer den Raum betritt. Heute soll ein Tag der Freude sein, heißt das, nicht der Krittelei. Es heimelt im weihnachtlich rausgeputzten Gmünder Rathaus, Stolz und Rührung bewegen den OB, er putzt, kaum dass er Platz genommen hat, lästige Formalitäten zwischen ihm und dem Stargast weg: „Darf ich Carlo sagen? Ich bin der Richard.“ „Si, Carlo“, antwortet Bud Spencer ein wenig müde und ein wenig irritiert, wie ein altes Zirkuspferd, das kaum noch spürt, wenn das Stöckchen klatscht.

„Vote for Bud Spencer Tunnel“

Neben den beiden sitzt der Verleger Oliver Schwarzkopf aus Berlin. Es ist nämlich so, dass Carlo Perdersoli eine Autobiografie vorgelegt hat ( „Bud Spencer. Mein Leben, meine Filme“), die er zufällig zurzeit in ganz Deutschland mittels Autogrammstunden bewirbt. Neben dem Verleger sitzen drei junge Männer mit T-Shirts am Leib, auf denen steht: „Vote for Bud Spencer Tunnel“.

Das sind die jungen Facebook-Pioniere, die im Internet eine Kampagne für Bud Spencer los getreten haben, als per Online-Abstimmung ein Name für den immer noch im Bau befindlichen städtischen Straßentunnel gesucht wurde. 114.000 Internet-Nutzer stimmten am Ende bei Facebook für den italienischen Mimen als Namensträger. Am Ende wurde die Röhre aber doch, nach dem Wappentier der Stadt, „Gmünder Einhorn-Tunnel“ genannt. Aber war da, überlegten die Stadtväter, nicht das Gmünder Freibad, das genau so fantasielos heißt, aber in dem Carlo Pedersoli 1951 als italienischer Leistungsschwimmer einen Länderkampf gegen Deutschland gewinnen half? Der Sportstar soll damals, dies nebenbei, auch mit einer Bäckerstochter aus der Stadt angebandelt haben, zur Verstimmung diverser ehrbarer Bürgersleute.

Win-win-win-win-Zeit

Vergeben, vergessen. Der Gmünder Gemeinderat beschloss, 60 Jahre später, die bundesweit entstandene Aufregung um den Tunnel zu nutzen und das Freibad in „Bud-Spencer-Freibad“ umzubenennen.

Auf den Tischen, an denen die Presseleute sitzen, liegen eine Werbebroschüre für Stadtführungen das das aktuelle Unterkunftsverzeichnis mit allen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen. Es ist Win-win-win-win-Zeit für die Stadt, ein goldener Moment, den nicht das Schicksal beschert hat, sondern das unfassbare, faszinierende Internet. Das Netz, ruft OB Arnold in den Saal, „ist eine Chance und nicht nur eine Gefahr!“

Plattfuß vom Nil

Vor dem Italiener, der bald weiter muss zur feierlichen Namensweihe des Freibades, liegt schon eine ihm feierlich überreichte Riesenbrezel, er hat brav geantwortet, welches deutsche Gericht sein liebstes sei („Bratkartoffeln“), da geht die Tür auf und Gianni, der Wirt des Adler im Teilort Weiler, trägt die weltweit erste Bud Spencer-Pizza herein, natürlich mit Maultaschen oben drauf. Das Zirkuspferd beißt hinein und quetscht ein „Benissimo“ zwischen den Zähnen hervor. Der Richard ist glücklich und will jetzt endlich zum Aufbruch drängen, da macht ein anderer Journalist fast die ganze Regiearbeit kaputt. „Was war nun mit dieser Bäckerin?“ fragt er Carlo Pedersoli.

Der stutzt erst, als der Übersetzer fertig geredet hat. Dann sagt er, als wäre er für einen Moment wieder der Plattfuß vom Nil: „Ich kann mich kaum an das erinnern, was ich gestern getan habe. Wie soll ich mich an 1951 erinnern?“ Das Pferdchen trabt noch, wenn es will. Irgendwie doch schön, das gesehen zu haben.