Dennoch überarbeitete Holbein das Bild 1528 nach einem ersten Englandaufenthalt grundlegend. Dorothea Kannengießer, Mayers zweite Ehefrau, ließ bei dieser Gelegenheit ihre Haube modernisieren, die zuvor der Tracht der verstorbenen ersten Frau Bürgermeister Magdalena Baer geglichen hatte. Vor allem aber Anna Meyer, die Tochter des Bürgermeisters, ist nun nicht mehr als Mädchen mit offenem Haar dargestellt, sondern als heiratsfähige junge Frau mit hochgesteckten Zöpfen und einer sogenannten Jungfernschapel. Wie detailversessen, wie kunstvoll dieser perlenbestickte und mit Nelken und Rosmarin verzierte Kopfputz gemalt ist, können Besucher auf die Distanz, die ihnen durch die Absperrung auferlegt wird, nur leider kaum erkennen. Dazu sind sie auf die Lichtbilder angewiesen, die in einem Kabinett neben dem Chor die Feinheiten des Gemäldes herauspräparieren. Zu hoffen ist, dass sich der Sicherheitsabstand zum Bild künftig verkleinert, wenn der erwartete Besucheransturm etwas nachlässt.

 

Darmstädter Madonna, diesen Beinamen trug das Bild nach seinem langjährigen Standort. Es beginnt nun eine neue Ära am Kocher, die dem Werk vielleicht das Etikett Schwäbisch Haller Madonna einbringen wird. Dass man am Main nicht glücklich war, dieses Hauptwerk des deutschen Renaissancekünstlers Holbein zu verlieren, ist verständlich. Doch auch die Kritiker dieses mutmaßlich um die 60 Millionen Euro teuren Kunstkaufs, bei dem das Bild von einer öffentlichen in eine private Sammlung wechselte, werden zugeben müssen, dass es – vorbildlich gehängt – im schönen Raum der Johanniterkirche einen würdigen Platz gefunden hat. Und der Eintritt kostet nichts.

Ausstellung Di–So 11–17 Uhr. Die Publikation zum Gemälde kostet 16,80 Euro.