„S’Läba isch koi Schlotzer“ oder „Edd bruddlet isch gnuag globt“: Mit diesen und ähnlichen Perlen schwäbischer Volksweisheit ist der Kleinverlag Edizio Käpsele seit zwei Jahren auf Erfolgskurs.

Stuttgart - Wenn demnächst die Temperaturen wieder steigen, dann kann es gut sein, dass einem in der Fußgängerzone von Reutlingen oder Balingen ein Mann in einem schwarzen T-Shirt entgegenkommt, auf dem in gelber Schrift steht: „S’Läba isch koi Schlotzer“. Auf Hochdeutsch heißt das so viel wie: „Das Leben ist kein Ponyhof“. Oder eine Frau trägt eine Stofftasche mit der Aufschrift „Mir kaufet nix, mir gugget bloß“ oder auch: „Edd bruddlet isch gnuag globt“.

 

Mit diesen und ähnlichen Perlen schwäbischer Volksweisheit, die der Kleinverlag Edizio Käpsele außer auf Stoff auch noch auf Aufkleber, Tassen oder Kühlschrankmagneten druckt, ist das Unternehmen seit zwei Jahren auf Erfolgskurs. Seit Anfang 2013 hat er sein Sortiment erweitert und betreibt unter der Internetadresse landauf. landab einen merklich erweiterten Handel mit schwäbischen Devotionalien.

Hinter der Edizio Käpsele steckt mit Helmut Bachschuster ein kreativer Kopf (auf schwäbisch: Käpsele). In seiner Werkstatt in Pfullingen (Kreis Reutlingen) denkt sich der ehemalige Lehrer zusammen mit seinem Kompagnon Matthias Knodel die Sprüche aus. Keine kitschigen Sinnsprüche in Vesperbretter gebrannt, eher höherer Blödsinn für die gebildeten Stände, der auch einem klugen Kopf wie Thaddäus Troll ( „Deutschland deine Schwaben“) gefallen hätte. „Wir überführen den Kant’schen Imperativ in den Schwäbischen Optativ“, sagt Bachschuster knitz und deklamiert: „Wenn no älle so wäret, wie i sei sott.“ Er selbst ist in Degerloch aufgewachsen,, „mit fränkischem Migrationshintergrund“. Sein größter Wunsch als Kind sei gewesen: „Ich will mal Schwabe werden.“ Er ist dann zuerst Lehrer auf der Alb geworden und hat eine Schwäbin geheiratet, aber nach mehr als 30 Jahren in Pfullingen kann er mit Fug und Recht sagen: „I ben Dialektiker. I schwätz Schwäbisch.“ Mit großer Freude erzählt der 62-Jährige wie er im Supermarkt an der Kasse immer den Button aufs Band legte, auf dem steht „I han koi Kundenkarte, koi Paybackkarte, PLZ sag i net, ich möchte bloß einkaufa!“

Die Idee kam bei einer Albwanderung

Seit zwölf Jahren ist Bachschuster kein Beamter mehr, sondern lebt hauptberuflich „das schauspielerische und gestalterische aus“. Er und sein Freund Knodel treten als das Comedy-Duo „Knoba-Sörwiss“ auf. Dazu brauchen sie kein Schwäbisch, denn sie machen Situationskomik ohne Worte. Der glamouröse Höhepunkt ihrer Karriere war bisher ein Auftritt bei einem Empfang in der deutschen Botschaft in Singapur.

Die Idee zu den schwäbischen Sprüchen kam Bachschuster und Co, als sie mit ihrem Freund Ewald Mayer eine Albwanderung machten. Mayer war verantwortlich für die Internetvermarktung der Kulturhauptstadt Essen 2010, wo man unter anderem den Slogan „Woanders is auch Scheiße“ propagierte, was man im Ruhrgebiet witzig fand. „Lass uns auch so was machen“, beschlossen die Freunde. Ihre Idee, die Aufkleber, Taschen und Postkarten über den Buchhandel zu vertreiben, ging voll auf. Sie verkaufen sich auch gut auf Regionalmärkten wie „Schön und gut“ im Alten Lager in Münsingen oder auf der Slow Food Messe, die Stadt Reutlingen nimmt die Aufkleber mit auf Messen. „Aber auch an Tankstellen wird es als kleines Präsentle nachgefragt“, erzählt Bachschuster. Regionalität heiße das Zauberwort: darüber werde auch der Dialekt wieder entdeckt.

Für Intellektuelle sei das nicht mehr „bäh“ wie früher, erläutert der 62-Jährige. Dazu trage auch bei, dass der Begriff Heimat seit einiger Zeit aus der „braunen Ecke“ komme und neu definiert werde. Wo wie auf den Regionalmessen alte Lebensmittel wie die Alblinsen neu entdeckt werden, entdecke man auch die regionale Sprache neu. Berührungsängste zum „Denglisch“ hat die Edizio Käpsele keine: Bachschusters Lieblingsslogan lautet deshalb auch „Obacha cool“. Die Formulierung habe er mit eigenen Ohren von einem jungen Mann auf der Straße in Reutlingen gehört. Die klare schöne Type für die verbreiteten Sprüche ist Bachschusters eigene Handschrift. Er grinst: „Da hat tatsächlich schon mal einer gefragt, wo man die herunterladen kann.“