Die FDP setzt sich für das Rotwild ein. Ideal wäre das Biosphärengebiet Schwäbische Alb bei Münsingen – der Naturschutzbund ist allerdings skeptisch.

Münsingen - Der Münsinger FDP-Abgeordnete Andreas Glück hat sein Herz für das Rotwild entdeckt. Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb wäre doch ein idealer Lebensraum, meint er. Diese einst hier heimische Großwildart würde die biologische Vielfalt in dem Unesco-Schutzgebiet verbessern. Und für Schulklassen und Wanderer wäre die Begegnung mit Hirschen „ein faszinierendes Erlebnis“.

 

Zurzeit aber haben Hirsche keine Überlebenschance auf der Alb, ebenso wenig im ganzen Land. Ihr Lebensraum ist seit einer Verordnung des Landwirtschaftsministerium von 1958 auf nur fünf Rotwildgebiete im Land begrenzt: im Nord- und im Südschwarzwald, im Odenwald und im Allgäu sowie in einem eingezäunten Areal im Schönbuch. Außerhalb dieser Gebiete müssen Jäger das Rotwild abschießen. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet. Der FDP-Abgeordnete hat deshalb beantragt, das Abschussgebot für Hirsche in der Modellregion Biosphärengebiet auszusetzen und die Auswirkungen, also die erhoffte Zuwanderung, wissenschaftlich zu begleiten.

Agrarminister Alexander Bonde lehnt ab

Die ablehnende Antwort des Agrarministers Alexander Bonde (Grüne) hat den Münsinger Abgeordneten enttäuscht. Bonde verwies auf die Schäden, die Hirsche in Land- und Forstwirtschaft anrichten könnten. Zudem könnten die großen, bis zu 120 Kilogramm schweren Tiere schwere Verkehrsunfälle verursachen. Tatsächlich haben sieben Hirsche die Wanderung ins Schutzgebiet oder in dessen Nähe nicht überlebt. 2008 wurde einer im Revier Hayingen (Kreis Reutlingen) erschossen, 2009 einer in Maselheim (Kreis Biberach), einer in Zwiefalten (Kreis Reutlingen), drei in Oberstadion (Alb-Donau-Kreis), 2010 einer in Langenenslingen (Kreis Biberach).

Andreas Glück kann nicht verstehen, dass „wir afrikanischen Bauern abverlangen, Elefanten zu schützen und die Schäden auf ihren Feldern hinzunehmen“, während Baden-Württemberg als eine der reichsten Regionen der Welt eine Wiederansiedlung von Hirschen im einzigen Biosphärengebiet aus Angst vor wirtschaftlichen Schäden im Keim erstickt. Möglicherweise aber gibt es doch noch eine Chance : Im Steuerungskreis des Biosphärengebiets, der sich mit der Aufstellung eines von der Unesco geforderten Rahmenkonzepts befasst, sei jetzt nach „langer und emotionaler Debatte“ beschlossen worden, ein Projekt zur Wiederansiedlung von Rotwild zu prüfen, das zudem auf Wildkatze und Luchs erweitert wurde. Das sagte Frank Simon, der eine Jagdschule hat und Bildungspartner für pädagogische Projekte im Biosphärengebiet ist, auf Anfrage. Simon hatte das Rotwildprojekt initiiert. Zunächst aber solle wissenschaftlich eruiert werden, ob das Gebiet tatsächlich ein idealer Lebensraum für diese drei Tierarten sei. Im Übrigen hatte sich auch der Agrarminister diese Option in seiner Antwort auf die FDP-Anfrage offengelassen.

Jagdverband fände Hirsche im Biosphärengebiet „toll“

Der Landesjagdverband jedenfalls setzt sich seit Jahren für ein neues Rotwildmanagementkonzept ein, sagt dessen Sprecher, Ulrich Baade. Den scheuen Luchs sehe man nicht, Hirsche wieder hier zu beobachten hingegen „wäre toll“, das würde auch zu der offenen Landschaft im Herzen des Biosphärengebiets passen. „Der Hirsch ist ein Steppen-, kein Waldtier“, sagt Baade.

Beim Naturschutzbund Nabu hingegen ist man skeptisch. Man nehme die Angst der Landwirte und Förster vor Wildschäden sehr ernst. Die Jäger hingegen hätten bei der Ausbreitung des Rotwilds nur ein Interesse – nämlich die Jagd auf prestigeträchtige Trophäen.