Bei den Filmfestspielen verteilen viele Festivalveranstalter und Verleiher aus dem Land ihre Visitenkarten.

Cannes - Beim weltweit wichtigsten Filmfestival können sich auch Lokalpatrioten ein bisschen freuen, stammt die Regisseurin Maren Ade, die mit ihrem gefeierten „Toni Erdmann“ Palmen-Chancen hat, doch aus Karlsruhe. Auch in Ludwigsburg kann man zufrieden sein. Die dortige Filmakademie ist mit drei Studentenbeiträgen in der Kurzfilm-Reihe „Next Generation Short Tiger“ vertreten. Ebenfalls dort startet der Animationsspaß „Wer trägt die Kosten“ von Daniel Nocke, der voriges Jahr beim Trickfilmfestival Furore machte. In dieser vierminütigen Talkshow-Satire unterhalten sich Tiere über Gerechtigkeit – Ähnlichkeiten mit Markus Lanz sind kaum zufällig. Produziert wurde dieser Spaß vom Stuttgarter Unternehmen „Filmbilder“, auf dessen Internetseitee (filmbilder.de) das Werk auch ohne Cannes-Besuch betrachtet werden kann.

 

Wie alle Teilnehmer des von „German Films“ veranstalteten Kurzfilm-Programms ist auch Daniel Nocke vier Tage zum Festival eingeladen. Im Unterschied zu den Filmstudenten ist er ein alter Hase. Als Drehbuchautor von Stefan Krohmers „Sommer 04“ war er bereits vor zehn Jahren an der Côte d’Azur. „Ich nehme Cannes ziemlich entspannt, Visitenkarten habe ich gar nicht erst mitgenommen“, sagt der Autor, der bereits zwei Grimme-Preise besitzt und sich mit dem schrägen Tukur-„Tatort“ einen Namen machte.

Oft werden Mondpreise verlangt

Andere Cannes-Reisende aus Baden-Württemberg haben Visitenkarten parat, sind sie doch auf der Suche nach neuen Filmen für ihr Programm. Für Kamran Sardar Khan vom Stuttgarter Camino-Filmverleih ist es das fünfzehnte Jahr an der Croisette, Egon Nieser vom Tübinger Arsenal-Verleih ist schon doppelt so lange dabei. Zwanzig bis 25 Filme stehen bei ihnen auf dem Programm, dazu gut vierzig Termine mit Verkäufern. Am Ende hoffen beide, mit zwei oder drei neuen Werken im Gepäck zurückzureisen. „Es gibt keine Überraschungen mehr“, findet der Camino-Chef. „Oft werden Mondpreise verlangt, weil viele Verkäufer noch immer denken, es gäbe das ‚German stupid money‘ aus der Zeit der Medienfonds“, klagt sein Tübinger Kollege. Der Legende vom rauschenden Partyleben unter Palmen widersprechen beide. Er müsse jeden Morgen um 8 Uhr im Kino sein, sagt Nieser.

Festivalmacher sind ebenfalls auf der Suche. Für das Filmfestival Mannheim-Heidelberg ist Michael Kötz angereist, für die Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart ist Christopher Buchholtz unterwegs. Auch Carl Bergengruen, der Geschäftsführer der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, ist derzeit in Cannes. Drei Tage verbringt er hier, um Werbung fürs Film-Ländle zu machen. Insbesondere mit der neuen, sogenannten „Line-Producer-Förderung“ sollen die Hersteller von Animationsprojekten ermuntert werden, die visuellen Effekte bei regionalen Firmen realisieren zu lassen. Über zwanzig Termine stehen im Kalender des Förderchefs. Zeit für Kino? Kaum. Mehr als einer sei im Zeitplan nicht drin. Der Ludwigsburger Produzent Jochen Laube, aktuell mit „Mängelexemplar“ in den Kinos, sucht gleichfalls neue Partnerprojekte unter Palmen. Networking gehört schließlich zum Geschäftsmodell im Showbusiness.