Die Hütte der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins auf dem Krabachjoch hat seit dieser Saison neue Wirte: Ang Kami Lama und seine Frau stammen aus Nepal.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Zürs - Wer will, bekommt Speckknödel mit Sauerkraut. Aber auf der Stuttgarter Hütte gibt es für alle eigentlich ein Curry mit Linsen und Reis zum Abendessen. Die meisten bestellen nichts anderes. „Die Gäste wünschen sich noch mehr Gerichte aus unserer Heimat“, sagt Ang Kami Lama. Auf der Mittagskarte stehen neben Kaiserschmarrn auch selbst gemachte Momos mit Sesamsoße – Sherpa Momos mit Rinderhackfleisch, Himalaja Momos mit Spinat. Manche wandern nur deshalb auf das Krabachjoch. Über dem Eingang von Stuttgarts höchstem Haus flattern seit dieser Saison tibetische Gebetsfahnen im Wind. Ang Kami Lama und seine Frau Pasang Lhamu Sherpa haben die Hütte der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins als neue Pächter übernommen.

 

Für das Ehepaar ist damit ein Traum wahr geworden. Sie stammen aus Nepal, sind Sherpas – was auf Deutsch nicht Lastenträger bedeutet, sondern Volk aus dem Osten. Ang Kami Lama, den alle Kami rufen, ist tatsächlich ausgebildeter Bergführer und besteigt bis heute mit Gruppen die 6000er in der Annapurna-Gebirgsgruppe. Über seinen Beruf lernte er einen Alpinisten aus Österreich kennen, der ihn nach Reutte einlud. Mit seinem Gastgeber wanderte er auf einige Hütten in Tirol – und kam dabei auf die Idee, dort zu arbeiten. Damals sprach er kein Wort Deutsch. „Nur wer reist, lernt die Welt kennen“, sagt Ang Kami Lama.

Ehemalige Radiojournalistin macht die aufwendigen Momos von Hand

Seine Frau, die einfach Lehmi genannt wird, folgte ihm. In Nepal war sie als Radiojournalistin tätig, heute macht sie von Hand die aufwendigen Momos. In verschiedenen Höhengaststätten sammelten sie Erfahrung, bis der Deutsche Alpenverein ihnen 2018 als Pächterpaar die Sudetendeutsche Hütte anvertraute. Das Haus auf 2650 Meter Höhe im Nationalpark Hohe Tauern ist schwer zugänglich, hat deshalb wenig Tagesgäste und ist nicht leicht zu betreiben. Den Wechsel auf die Stuttgarter Hütte haben sich Kami und Lehmi also verdient.

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„Die Natur ist unsere Leidenschaft“, sagt er. In einem Dorf auf 2700 Meter Höhe ist er aufgewachsen. Als einer der wenigen durfte Ang Kami Lama eine weiterführende Schule besuchen, drei Stunden brauchte er für den Weg dorthin zu Fuß. Bis er 16 wurde, reichte seinen Eltern das Geld für die Bildung, danach musste ihr Sohn als Träger für Touristen und Bergsteiger dazuverdienen. Die Ausbildung zum Bergwanderführer beim Nepal Tourism and Management Board schloss er 2007 ab. Auf der Stuttgarter Hütte will das Ehepaar bis zur Pension bleiben. Sie schwärmen über das 360-Grad-Panorama mit mehreren Gipfel und der mehr als 2800 Meter hohen Valluga. Wanderer erreichen das Haus in zwei Stunden von Zürs aus oder von Lech mithilfe einer Seilbahn. Im Winter wird ihr erstes Kind zur Welt kommen, das dann auch zumindest in der Wandersaison weit zur Schule laufen muss. Außerhalb der Hüttenzeit lebt die Familie in Innsbruck.

Ehrenamtlicher Botschafter für den Tourismus in zwei Ländern

„In den Bergen gibt es keine großen Unterschiede“, erklärt der 36-Jährige, warum er und seine Frau sich in Österreich so wohlfühlen. Er versteht sich als Brücke zwischen Tirol und Nepal, ist als ehrenamtlicher Botschafter für den Tourismus in beiden Ländern tätig. Noch etwas höher hinauf als bis zur Stuttgarter Hütte will Ang Kami Lama allerdings schon noch: einmal im Leben auf den Mount Everest. „Dann bin ich happy“, sagt er unter den im Wind flatternden Gebetsfahnen aus seiner Heimat und lächelt.