Viele Wanderer schauen jedes Jahr vom Roßbergturm übers Land. Noch weit mehr Menschen bietet dieses Bauwerk einen festen Punkt beim Blick auf die Alb-Kulisse. Und das seit genau 100 Jahren.

Tübingen - Vor genau einhundert Jahren hat sich die Schwäbische Alb verändert. Zumindest aus Sicht vieler Tübinger. Ein Turm auf der augenscheinlich höchsten Anhebung wird zur Landmarke, zur räumlichen Orientierung, wenn der Blick über die sanfte Silhouette gleitet. 1913 hat der Schwäbische Albverein den Turm auf dem 869 Meter hohen Roßberg errichten lassen. 28 Meter hoch ist er aus vielen Tübinger Perspektiven gut zu sehen – sofern ihn nicht Nebel verhüllt. Andere Bauwerke treten deutlich hinter ihm zurück, die Zollernburg liegt im Abseits des Alb-Panoramas, die Salmendinger Kapelle auf dem Kornbühl in deren Hintergrund. Und die schicke Pfullinger „Unterhos“, der Schönbergturm, ist aus diesem Blickwinkel nicht markant genug.

 

Der Roßbergturm also. Ein Anker für das Auge auf der dieser so vertrauten Bergkette am Horizont. Gebaut wurde er freilich für jene, die selber weit sehen wollten – weit in die Ferne und in alle Himmelsrichtungen. Errichtet wurde er zur Feier des 25-jährigen Bestehens des Schwäbischen Albvereins. Ausgesucht hatte man den höchsten Punkt Württembergs. Zum Glück zumindest für die Tübinger haben sich die Initiatoren bei den Höhen geirrt. Denn tatsächlich sind schon der nahe Kornbühl und erst recht die gern als „zehn Tausender“ bezeichneten Berge bei Balingen noch ein Stück höher als der Roßberg.

Mit etwas Glück sind sogar die Alpen zu sehen

Womöglich wollte man es aber auch gar nicht so genau nehmen mit den Höhenangaben. Denn schon 1890, nur zwei Jahre nach der Gründung des Albvereins, hatten Mitglieder auf der damals noch ziemlich waldfreien Kuppe des Roßbergs einen Holzturm aufgestellt. Der bot seinen Besteigern eine faszinierende Aussicht, einerseits auf Tübingen und über den Schönbuch, auf Gomaringen, Gönningen, Reutlingen samt Achalm. Andererseits über die Alb selber und – mit etwas Glück bei klarer Sicht – sogar bis zu den Alpen. So lag es nahe, an genau dieser Stelle ein stabileres und deutlich höheres Bauwerk zu errichten. Von dort aus ist seit 1956 auch der Stuttgarter Fernsehturm sehr gut auszumachen.