Für Amos Fröhlich, der mit 23 Jahren zum Geschäftsführer gewählt worden war, bot sich 1957 die Gelegenheit, in Bayern Abitur zu machen. „Als ich wegging, dachte ich, dass ich in ein paar Monaten zurück sein würde.“ Erst nach acht Jahren kehrte er wieder heim mit einem Studienabschluss in Tiermedizin und begleitet von seiner deutschen Frau Gila und dem ersten Kind. Obwohl seine Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, zum Teil auf offene Ablehnung gestoßen war – drei Jahrzehnte lang war Amos Fröhlich in- und außerhalb des Dorfes ein geschätzter Tierarzt.

 

Mehr als 75 Jahre nach der Gründung unterscheidet sich Shavei Zion mit seinen 1000 Bewohnern kaum mehr von umliegenden israelischen Dörfern. Nur wer genau hinsieht, entdeckt ab und zu ein ziegelgedecktes Satteldachhaus. Alles Schwäbische ist so gut wie verstummt. Nachdem ein Großteil der zweiten Generation Shavei Zion verlassen hatte, nahm man auch Familien ohne deutschen Hintergrund auf. Sogar unter den Kindern der ersten Generation wird überwiegend Hebräisch gesprochen. Deutsch hört man allenfalls im Satelliten-TV bei Fröhlichs oder Weiss‘.

Als 1983 die traditionsreiche Landwirtschaft als wichtigster Wirtschaftszweig einer Plastikfabrik wich, vollzog sich die letzte große Veränderung im Dorf. Für die Verbindung nach Südwestdeutschland sorgen mittlerweile die christlichen Mitarbeiter von „Beth El“. Im Jahr 1969 von einem Prediger der Liebenzeller Mission aus Maisenbach im Schwarzwald gegründet, beherbergt das Haus am Meer inzwischen jährlich bis zu 500 Holocaustüberlebende, die sich dort zwei Wochen lang kostenlos erholen können.

In Rexingen leben heute keine Juden mehr

In Rexingen, wo es in der Weimarer Republik die größte Landjudengemeinde Südwestdeutschlands gab, leben heute keine Juden mehr. Die Synagoge ist nach dem Krieg in eine evangelische Kirche umgewandelt worden. Nur noch der alte Friedhof zeugt von der jüdischen Geschichte des Ortes. Dass das Schicksal derer, die aus Deutschland fliehen mussten, nicht vergessen wurde, ist vor allem Barbara Staudacher und Heinz Högerle vom örtlichen Synagogenverein zu verdanken.

So schwer sich das karge Leben auch gestaltete – kaum zu ertragen war die Sorge um zurückgebliebene Verwandte. „Von dem, was in Deutschland passierte“, sagt Amos Fröhlich, „haben wir lange nichts erfahren.“ Erst nach dem Krieg wird offenbar, dass seine Großmutter Auguste in Treblinka ermordet worden war und sich die Spur seines Onkels Simon und dessen Frau Martha im Konzentrationslager in Riga verloren hatte. Heute erinnern nur noch die Namen im sogenannten Rexinger Zimmer am Dorfeingang an die mehr als 70 deportierten Familienmitglieder.

Trotz allem blieb die Bindung an die alte Heimat bestehen. Noch 1955 galt Deutsch in Shavei Zion als offizielle Dorfsprache, wurden Spätzle mit Kutteln gegessen, wurde Kehrwoche gehalten. Amos’ Vater, Julius Fröhlich, verbrachte als gebürtiger Rexinger seine letzten Sommer in Süddeutschland. „Aber nie hat man von den Rexingern ein Wort des Bedauerns gehört“, sagt Amos Fröhlich. „Von nichts wollten sie gewusst haben, obwohl zwischen 1933 und 1942 fast ein Drittel des Dorfes verschwunden war.“ Nur drei Überlebende kamen nach dem Krieg aus den Konzentrationslagern zurück, sie wurden aber in Rexingen nicht mehr heimisch.

Auch Amos Fröhlichs Nachbarin Miriam Weiss, die als neunjährige Inge 1938 nach Shavei Zion kam, hat ihre Geburtsstadt Ludwigsburg trotz anfänglichen Unbehagens immer wieder besucht. „Wir wollten unseren Kindern unsere Wurzeln zeigen. Und deutlich machen, dass es dort nicht nur Nazis gibt“, sagt sie. Ganz zurückzugehen, das kam für sie nicht infrage. „Ich glaube, für uns Juden gibt es nur einen Platz auf der Welt: Israel.“

Ausgedehnte Avocado- und Orangenplantagen sowie die Hühner- und die Schafzucht waren zunächst die wirtschaftlichen Standbeine der genossenschaftlich organisierten Siedlung. Die Aushängeschilder waren jedoch der Kuhstall und die beiden Strandhotels. Aus dem schwäbischen Musterdorf war bereits nach ein paar Jahren ein beliebter Kurort geworden. „Wir fahren nach Shavei Zion“, hieß es bald in ganz Israel.

Alles Schwäbische ist verstummt

Für Amos Fröhlich, der mit 23 Jahren zum Geschäftsführer gewählt worden war, bot sich 1957 die Gelegenheit, in Bayern Abitur zu machen. „Als ich wegging, dachte ich, dass ich in ein paar Monaten zurück sein würde.“ Erst nach acht Jahren kehrte er wieder heim mit einem Studienabschluss in Tiermedizin und begleitet von seiner deutschen Frau Gila und dem ersten Kind. Obwohl seine Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, zum Teil auf offene Ablehnung gestoßen war – drei Jahrzehnte lang war Amos Fröhlich in- und außerhalb des Dorfes ein geschätzter Tierarzt.

Mehr als 75 Jahre nach der Gründung unterscheidet sich Shavei Zion mit seinen 1000 Bewohnern kaum mehr von umliegenden israelischen Dörfern. Nur wer genau hinsieht, entdeckt ab und zu ein ziegelgedecktes Satteldachhaus. Alles Schwäbische ist so gut wie verstummt. Nachdem ein Großteil der zweiten Generation Shavei Zion verlassen hatte, nahm man auch Familien ohne deutschen Hintergrund auf. Sogar unter den Kindern der ersten Generation wird überwiegend Hebräisch gesprochen. Deutsch hört man allenfalls im Satelliten-TV bei Fröhlichs oder Weiss‘.

Als 1983 die traditionsreiche Landwirtschaft als wichtigster Wirtschaftszweig einer Plastikfabrik wich, vollzog sich die letzte große Veränderung im Dorf. Für die Verbindung nach Südwestdeutschland sorgen mittlerweile die christlichen Mitarbeiter von „Beth El“. Im Jahr 1969 von einem Prediger der Liebenzeller Mission aus Maisenbach im Schwarzwald gegründet, beherbergt das Haus am Meer inzwischen jährlich bis zu 500 Holocaustüberlebende, die sich dort zwei Wochen lang kostenlos erholen können.

In Rexingen leben heute keine Juden mehr

In Rexingen, wo es in der Weimarer Republik die größte Landjudengemeinde Südwestdeutschlands gab, leben heute keine Juden mehr. Die Synagoge ist nach dem Krieg in eine evangelische Kirche umgewandelt worden. Nur noch der alte Friedhof zeugt von der jüdischen Geschichte des Ortes. Dass das Schicksal derer, die aus Deutschland fliehen mussten, nicht vergessen wurde, ist vor allem Barbara Staudacher und Heinz Högerle vom örtlichen Synagogenverein zu verdanken.

Nach einem Besuch von Amos Fröhlich in Rexingen 2001 konnte nicht nur Zugang zu historischen Auswanderungsdokumenten geschaffen werden. Es gelang auch, Kontakt zu Rexingern in den USA herzustellen. Sieben Jahre später war das Ziel erreicht und eine Ausstellung auf den Weg gebracht. Nach Stationen wie Jerusalem, Berlin und Stuttgart befindet sich die Sammlung bis Ende April in Horb. Als Dauerausstellung soll sie noch dieses Jahr in Shavei Zion aufgestellt werden.

Welch einzigartiges Ereignis sich hinter der gemeinschaftlich organisierten Ausreise von Rexingen nach Shavei Zion verbirgt, zeigt sich daran, dass keine andere geglückte Gruppenauswanderung jüdischer Exilanten bekannt ist. Die Kehrseite des Erfolgs sind die vielen Menschen, die im Holocaust, aber auch im Unabhängigkeitskrieg Israels 1948 ihr Leben verloren.