Die Schließungen haben große Löcher in die Taschen der Einzelhändler gerissen, auch die Gastronomen leiden. Der Innenstadtverein in Ludwigsburg hat mehrere Vorschläge, wie man ihnen schnell helfen könnte.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Zwar zieht es die Menschen wieder vermehrt in Geschäfte, ab Anfang kommender Woche dürfen auch Restaurants wieder öffnen. Die lange Zeit des Stillstands hat aber arg an den Reserven der Händler und Gastronomen aus Ludwigsburg gezehrt. „Viele Unternehmen müssen ihre Rücklagen angreifen, einige sehen schon den Boden des Fasses“, sagt Wirtschaftsförderer Frank Steinert.

 

Wie schlimm die Situation tatsächlich ist, hat der Innenstadtverein Luis vor kurzem bei seinen 250 Mitglieder erfragt, rund 100 haben geantwortet. Ermutigend sind die Ergebnisse nicht. Viele Geschäfte wissen wegen der Krise, die immer noch nicht durchgestanden ist, nicht, wie und ob es überhaupt weiter geht. Mehr als die Hälfte gab an, dass sie sich in ihrer Existenz bedroht sieht.

„Das sagt eigentlich schon alles“, sagt Dirk Keuthen, Vorstandsvorsitzender des Luis. Beinahe jedes siebte Unternehmen, das an der Umfrage teilgenommen hat, gab an, schon Mitarbeiter entlassen zu haben. Im Marstall gaben zwei Geschäfte ganz auf. Sie hatten allerdings schon vor der Krise Probleme. Die Einschränkungen gaben ihnen dann vollends den Rest.

Keine Präzedenzfälle, sondern Ausnahmen

Dass nicht noch mehr Betriebe dasselbe Schicksal ereilt, daran ist der Stadt gelegen. Sie ist auf die Gewerbesteuereinnahmen angewiesen. „Wenn uns die Infrastruktur erst einmal kaputt geht, können wir sie nicht mehr aufbauen", sagte auch Reinhardt Weiss (Freie Wähler) im Ausschuss für Wirtschaft, Kultur und Verwaltung (WKV), wo das Thema zuletzt auf der Tagesordnung stand. Die Gemeinderäte waren sich einig: viele Betriebe brauchen Hilfe – und zwar möglichst schnell.

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Ein bisschen mehr Geld in die klammen Kassen der Händler könnten ausgerechnet zusätzliche verkaufsoffene Sonntage spülen. Dabei wurde über sie in den vergangenen Jahren immer wieder heftig gestritten. Dirk Keuthen hält sie dennoch für überlebenswichtig für die Luis-Mitglieder. An bis zu drei Tagen sollen die Läden deshalb in diesem Jahr – zwischen August und Weihnachten – öffnen dürfen.

Geplant waren in diesem Jahr ursprünglich zwei Shopping-Sonntage: Das „Märzklopfen“ zur ursprünglich geplanten Eröffnung des Blühenden Barocks und im Oktober, wenn die Ludwigsburger Kastanienbeutelfest feiern. Weil die beiden Veranstaltungen eine sogenannte prägende Wirkung haben, die geöffneten Geschäfte also nur ein Zusatz sind, konnte auch die Gewerkschaft Verdi nichts gegen sie erwirken. Gegen zwei weitere verkaufsoffene Sonntage in Ludwigsburg hatte sie hingegen erfolgreich geklagt. Auf die Premiere eines Shopping-Sonntages während des Naturvision-Filmfestivals hatte der Innenstadtverein so sicherheitshalber gleich ganz verzichtet.

Grätscht Verdi wieder dazwischen?

„Wir hoffen angesichts der Umstände auf Verständnis bei der Gewerkschaft“, sagt Keuthen. Die drei geplanten Sonntage an denen, die Läden öffnen dürfen, sollen kein Präzedenzfall sein, sondern eine Ausnahme, um den Händlern wieder auf die Beine zu helfen. Reinhardt Weiss schlägt vor, die Verkäuferinnen und Verkäufer gleich mit ins Boot zu holen. Mit dem Einverständnis der Arbeitnehmer könne Ärger mit Verdi vermieden werden.

Oberbürgermeister Mathias Knecht versprach, eine Lösung. „Notfalls machen wir ein virtuelles Kastanienbeutelfest.“ Während die Landesregierung den Rahmen für den Einzelhandel bereits abgesteckt hat, warten Restaurants noch darauf. Ihnen war es in den vergangenen Wochen zwar erlaubt, Essen zum Mitnehmen zu verkaufen, damit erwirtschafteten sie aber nur einen Bruchteil ihres normalen Umsatzes.

Bislang ist nur bekannt, dass sie zum 18. Mai wieder unter Auflagen öffnen dürfen. Der Innenstadtverein hat schon einmal vorsorglich Erleichterungen für die Gastronomie gefordert – ohne überhaupt zu wissen, wie die Beschränkungen aussehen werden. Er schlägt vor, dass Speisebetriebe ihre Außenflächen erweitern dürfen, ohne zusätzliche Gebühren dafür zu zahlen. So könnten die Abstandsregeln im Freien leichter eingehalten und das normale Kontingent an Plätzen angeboten werden. Außerdem soll die Stadt Restaurants die Sondernutzungsgebühren für Plätze im Freien erlassen.

An einigen Stellen in Ludwigsburg, wie zum Beispiel auf dem Marktplatz, dürften zusätzliche Tische relativ problemlos möglich sein. Was aber passiert dort, wo die Flächen vor den Restaurants nicht so üppig sind? Und wie ist das mit dem Brandschutz vereinbar? Fragen, die die Stadt möglichst schnell beantworten will.

Helfen mehr Stühle und Tische vor den Restaurants?

Zu guter Letzt will der Luis die großen Werbetafeln an den Einfallstraßen in die Barockstadt für eine Werbekampagne nutzen, um zu zeigen, was die Stadt zu bieten hat. Normalerweise sind die Plakate kulturellen Angeboten vorbehalten. Theater, Schauspielhäuser und Kinos bleiben aber auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Situation der Kultureinrichtungen ist also sogar noch ein bisschen düsterer als die von Händlern und Gastronomen.