Schwarz-Gelb wirkt zerstritten – nicht nur beim Thema Rente. Die Koalition muss klären, wie sie auf neue Mehrheiten im Bundesrat reagiert und wie sie sich bis zur Bundestagswahl im Herbst verhalten will. Eine Analyse von Roland Pichler.

Berlin - Routinetreffen, Planungsrunde, Sitzung zu Verfahrensfragen. So werden in der schwarz-gelben Koalition die Erwartungen an den am heutigen Donnerstag stattfindenden Koalitionsausschuss beschrieben. Schon der knappe Zeitplan spricht dagegen, dass die Partei- und Fraktionsoberen von CDU, CSU und FDP ausgiebig über Themen beraten können. Nur für etwa zwei Stunden will das Führungspersonal am frühen Abend zusammenkommen. Bis jetzt gibt es noch nicht einmal eine Tagesordnung. Gleichwohl müssen auf dem Treffen Entscheidungen fallen: Nicht zuletzt die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen erhoffen sich ein Signal, welche Beschlüsse die Koalition bis zur Wahl noch auf den Weg bringt. Angesichts der geänderten Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ist die Verunsicherung groß. Mit der Wahl in Niedersachsen gibt es in der Länderkammer eine rot-rot-grüne Mehrheit. Das bremst den koalitionären Elan.

 

Schon in den vergangenen Monaten bemühte sich Schwarz-Gelb vergeblich, eigene Gesetze durch den Bundesrat zu bekommen. Am Widerstand der Länder scheiterte etwa die Steuersenkung. „Meine Einschätzung ist, dass so gut wie nichts mehr geht“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle. Der Verweis auf den Bundesrat soll auch davon ablenken, dass Schwarz-Gelb in vielen Fragen zerstritten ist.

Schäuble bremst bei Rentenplänen

Das gilt etwa für die Rente. Obwohl Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach außen hin unbeirrt für eine Lebensleistungsrente eintritt, steht das Vorhaben auf der Kippe. Zu unterschiedlich sind die Interessen in der Koalition. Während die CDU die Rentenansprüche von Niedrigverdienern, die über Jahrzehnte hinweg gearbeitet haben, aufwerten will, haben CSU und FDP andere Prioritäten. Die Liberalen machen sich dafür stark, dass die private Altersvorsorge von Geringverdienern nur zum Teil mit der Grundsicherung verrechnet wird. Die CSU möchte älteren Müttern höhere Kinderanrechnungszeiten bei der Rente gewähren. Beide Vorhaben hält Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht für finanzierbar. Er will im Etat 2014 nicht mehr Geld ausgeben, sondern dringt auf zusätzliche Einsparungen von fünf bis sechs Milliarden Euro.

Der Koalitionsausschuss muss nun entscheiden, ob zumindest ein Rumpfprogramm zur Rente umgesetzt wird. Einig sind sich die Partner darüber, dass die Erwerbsminderungsrente verbessert, die Hinzuverdienstgrenzen von Rentnern erhöht und das Budget für Rehabilitation erweitert werden sollen. Die Sozialexperten sagen, mit dieser Besserstellung wäre vielen Menschen geholfen. Will Schwarz-Gelb Teile des Rentenpakets auf den Weg bringen, muss dies rasch geschehen. Der Zeitplan bis zur Sommerpause ist eng.

Die FDP-Spitze ist gegen einen Mindestlohn

Gesprächsbedarf sieht die Koalition auch bei der geplanten Preisbremse für das  Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Nachdem der Plan in den Ländern auf Bedenken gestoßen ist, muss das weitere Verfahren besprochen werden. Eine Rolle könnte auch der Antrag Zyperns auf Hilfen der Euroländer spielen. In Union und FDP sehen viele Abgeordnete Kredite kritisch.

Aufschlussreich dürfte auch sein, worüber heute nicht entschieden wird. In der Union ist in den vergangenen Tagen die Bereitschaft gewachsen, sich durch eigene Akzente vom kleinen Koalitionspartner zu unterscheiden. Ein Beispiel ist dafür der Mindestlohn. Union und FDP lehnen zwar einen flächendeckenden Mindestlohn, wie ihn SPD, Grüne und Linke fordern, ab, die Union entschied sich auf zwei Parteitagen aber für einen tariflichen Mindestlohn. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen aus Sicht von CDU/CSU tarifliche Lohnuntergrenzen festlegen.

Bei den Liberalen plädieren zwar einflussreiche Sozialpolitikern ebenfalls für einen Mindestlohn, doch die Führung ist wenig begeistert. Eine gemeinsame Initiative ist damit unwahrscheinlich. Das sieht die Union als willkommene Vorlage an: Sie will den Mindestlohn im Wahlkampf propagieren und ihr soziales Profil stärken.