Schwarz-Rot Eine Koalition ohne Plan – und die Frage, ob das gut gehen kann

Lars Klingbeil und Friedrich Merz sind die wichtigsten Protagonisten eines schwierigen Bündnisses. Foto: Michael Kappeler/dpa

Schwarz-Rot ist in einem so erbärmlichen Zustand, wie ihn selbst die Ampel lange nicht hatte. Das muss sich dringend ändern, kommentiert Tobias Peter.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Der britische Dichter Roger McGough hat mit feinsinnigem Humor einmal ein Gedicht über ein Kind im Sandkasten geschrieben. „Ich will der Anführer sein“, sagt es. „Darf ich der Anführer sein? Darf ich? Versprochen?“ Unmittelbar nach dem Jubel darüber, dass der Wunsch in Erfüllung geht, sagt das Kind: „Ok. Und was sollen wir jetzt tun?“

 

Friedrich Merz und Lars Klingbeil erinnern immer häufiger an dieses Kind. Sie haben keinen Plan für das Land. Und sie stehen an der Spitze einer Koalition, die Zerfallserscheinungen zeigt, wie es sie bei der gescheiterten Ampel erst deutlich später gab.

In den ersten Tagen, Wochen und Monaten seiner Regierung hat Merz eindrucksvoll bewiesen, dass er außenpolitisch intuitiv vieles richtig macht. Doch innenpolitisch ist er ohne ein tragfähiges Konzept in die Regierung gestartet, wie er Deutschland aus der ökonomischen Krise führen und das Land bei den Sozialversicherungen zukunftsfähig aufstellen möchte.

Die falsche Hoffnung des Friedrich Merz

Das fing schon im Wahlkampf an. Da wischte Merz die Erkenntnis aus dem CDU-Grundsatzprogramm beiseite, dass bei steigender Lebenserwartung auch ein höheres Renteneintrittsalter notwendig ist. Er wollte unbedingt Kanzler werden – und kein Risiko eingehen. Das setzte sich fort in Koalitionsverhandlungen, in denen man sich darauf verständigte, in Sachen Sozialversicherungen Kommissionen einzusetzen, statt zu handeln.

Merz hatte anscheinend gehofft, die Konjunktur werde mehr oder weniger von selbst wieder anspringen – weil ja die Ampel weg ist und die Stimmung dadurch automatisch besser sein würde. Blödsinn! Jetzt versucht er die Notbremse zu ziehen und die SPD brachial auf Reformkurs zu zwingen. Nur: So wie der Kanzler es angeht, wird es ihm nicht gelingen.

„Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar.“ So hat es Merz gesagt. Das ist zwar richtig. Es ist aber nicht mehr als eine Überschrift. So, wie die Leser etwas vermissen würden, wenn es in unserer Zeitung nur noch Überschriften und darunter keine Texte mehr geben würde, reicht auch in der Politik die grobe Parole nicht dauerhaft aus.

In der Opposition funktioniert das gelegentlich noch. Aber wer regiert, muss genau sagen, wie funktionierende Reformen aussehen sollen. Und er muss Wege finden, wie er seinen Koalitionspartner auch bei Entscheidungen, die ihm etwas abverlangen, an Bord holt. Bislang hat Merz nicht bewiesen, dass er dieses politische Handwerk beherrscht.

Die fehlende Kreativität des Lars Klingbeil

Dass es in der Koalition so schlecht läuft, liegt an beiden: an Union und SPD. Merz hat unterschätzt, dass die Abgeordneten der eigenen Fraktion einem Kanzler nicht mehr einfach so folgen, sondern eingebunden werden müssen. Jens Spahn wirkt mit dem Amt als Fraktionschef überfordert.

Die SPD hat ihren Vorsitzenden Lars Klingbeil beim Parteitag mit einem katastrophalen Ergebnis beschädigt. Auch Klingbeil hat jenseits der Idee, vielleicht doch die Steuern für Reiche zu erhöhen, noch nicht viel Kreativität bewiesen. Wie wenig Lust die SPD auf das Bündnis mit der Union hat, lässt sich oft an ihrer mangelnden Präsenz im Plenarsaal des Bundestags ablesen.

Das alles muss besser werden. Merz und Klingbeil müssen zeigen, dass sie gemeinsam das Land voranbringen können – auch in Fragen, in denen um die Zustimmung der Bevölkerung erst gerungen werden muss. Sie müssen zeigen, dass sie das Land gemeinsam führen wollen und können. Sonst droht die Union ihren Status als Volkspartei zu verlieren. Und die SPD könnte ganz von der Bildfläche verschwinden. Beides wäre verheerend für die Stabilität der Demokratie.

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