Die CDU feiert ihr Abwehrbollwerk, denn die SPD setzt sich im Koalitionsausschuss kaum durch. Dafür erhalten die Sozialdemokraten aber ein schönes Wahlkampfthema.

Berlin - Genau diese Bilder wollte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verhindern: wie er am Katzentisch der Macht sitzt. Wie er mit Angela Merkel, die schon lange ist, was er erst werden möchte, um Formulierungen, Kompromisse und Spiegelstriche ringt. Wie er hier mal einen kleinen Erfolg, dort aber glatt eine Niederlage einsteckt. Wie es eben zugeht in diesem Koalitionsausschuss, dem großen Getrieberaum des Regierungsbündnisses. Deshalb wollte er der Runde, eine ziemlich fadenscheinige Ausrede vorschützend, eigentlich ganz fernbleiben. Im Unterholz der Gesetzgebung kann man sich leicht verheddern, den Schwung verlieren, Kratzer bekommen. Schulz hätte es vorgezogen, den Wählern größtmögliche Ferne vom Berliner Politikbetrieb zu demonstrieren, damit das Pathos desjenigen, der „von außen“ kommt und alles besser machen wird, stärker wirken kann.

 

Nun musste Schulz doch in den politischen Nahkampf, und auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob er seine Befürchtungen bestätigt sehen muss. Die Union präsentiert nach dem Treffen selbstzufrieden ihre Trophäen: höhere Strafen für Wohnungseinbruch, härteres Vorgehen gegen Sozialleistungsbetrug von Asylbewerbern, nur marginale Lockerungen beim Nachzug von Familienangehörigen von Flüchtlingen. Sie poliert ihr Law-and-Order-Image, bedient das Sicherheitsbedürfnis vieler Bürger, stärkt ihre Kernkompetenz beim Thema innere Sicherheit.

Union poliert ihr Image als Law-and-Order-Partei

Dagegen die SPD: Begrenzung der Managergehälter – eine Abfuhr. Nachbesserung bei der Mietpreisbremse – ohne Chance. Solidarrente – kein Anschluss unter dieser Nummer. Rückkehrrecht von Teilzeitbeschäftigten auf eine Vollzeitstelle – nicht mit dieser Union. Ehe für alle – nicht dran zu denken. Alles Niederlagen.

Tatsächlich feiert die Union. Das Abwehrbollwerk hat standgehalten, und so etwas schließt die Reihen. Das hatte man schon ganz anders erlebt. Auf der Zielgeraden der vergangenen Wahlperiode übernahm die Merkel-CDU eine Position nach der anderen von den Sozialdemokraten, um deren Kampfgeist zu dämpfen. Das klappte damals bestens. 2017 geht das nicht mehr. Potenzielle Unionswähler können längst nicht mehr so eindeutig sagen, was denn noch der Markenkern der Christdemokraten ist. Da müssen nun konservative Signale her – und in diesem Sinne hat der Koalitionsausschuss aus CDU-Sicht gute Arbeit geleistet.

So mancher Unionsstratege findet es auch sehr gut, dass die SPD nun ganz auf das Thema soziale Gerechtigkeit „festgenagelt“ wird. Denn, so die Begründung, die SPD werde immer nur dann gewählt, wenn sie mehr liefert als ihr altes Leib-und-Magen-Thema. Und mit Schulz’ Gerechtigkeitswahn lasse sich kein bürgerlicher Mitte-Wähler hinter dem wärmenden christdemokratischen Ofen hervorlocken.

Schlüsselthema „Teilzeitfalle“

Wenn sich die Union da mal nicht irrt. Besonders mit der brüsken Zurückweisung des Rückkehrrechts auf einen Vollzeitarbeitsplatz hat sie ein klassisches Eigentor geschossen. Genau hier liegt nämlich durchaus ein Plus für den Gerechtigkeitswahlkampf der SPD. Die Teilzeitfalle ist einer der wichtigsten Gründe für die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Sie ist einer der größten Bremsklötze für junge karriereorientierte Frauen, blockiert Lebenschancen und verhindert eine Berufsplanung, die sich flexibel auf unterschiedliche Lebensphasen einstellt. Die SPD hat hier durchaus ein Thema, das über die ohnehin SPD-affinen Gewerkschaftsmilieus hinaus weit in die Gesellschaft ausgreift, weil es junge Familien und städtisches Publikum anspricht.

Was soll konservativ daran sein, Lebenschancen zu hemmen, statt sie zu fördern? Gut möglich, dass der Union deshalb dieser letzte Koalitionsausschuss noch in unguter Erinnerung bleiben wird.