Ein Schwarzes Loch verschlingt eine Molekülwolke. Acht Milliarden Jahre später registrieren Astronomen auf der Erde das kosmische Mega-Ereignis. Wir erklären, was es mit diesem Himmelsphänomen auf sich hat.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Vor etwa acht Milliarden Jahren stürzte eine große Wolke aus Wasserstoff in ein supermassereiches Schwarzes Loch und löste so die energiereichste stellare Explosion aus, die je von Astronomen beobachtet worden ist.

 

Der Strahlungsausbruch war zehnmal stärker als jede bekannte Supernova und dauerte über drei Jahre an, schreiben die Wissenschaftler um Philip Wiseman von der britischen University of Southampton in den „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“.

Was steckt hinter dem kosmischen Mega-Ereignis?

Zunächst konnten sich die Himmelsforscher keinen Reim auf das ungewöhnliche kosmische Ereignis machen. Erst die Beobachtung mit vielen verschiedenen Instrumenten vom langwelligen Infrarot-Bereich bis hin zur energiereichen Röntgenstrahlung half ihnen, eine Erklärung zu finden. Mit bloßem Auge war die Explosion nicht zu sehen.

Dabei sind Explosionen im Kosmos keine Seltenheit: Von thermonuklearen Explosionen auf sterbenden Sternen über Supernovae, die ganze Sterne zerfetzen, bis hin zu den Strahlungsausbrüchen, zu denen es kommt, wenn supermassereiche Schwarze Löcher ganze Sterne verschlingen. Die Palette solcher Ereignisse ist reichhaltig.

Doch nichts davon passte auf das unter der Bezeichnung AT2021lwx katalogisierte, besonders energiereiche Himmelsereignis.

Wie wurde diese stellare Explosion entdeckt?

Entdeckt wurde die Explosion zuerst im Jahr 2020 von der „Zwicky Transient Facility“, einem Spezialteleskop an der Sternwarte Mount Palomar in den USA. Damit suchen Astronomen automatisch nach vorübergehenden Ereignissen am Himmel, wie etwa Sternexplosionen.

„Wir sind also durch Zufall darauf gestoßen“, sagt Philip Wiseman. Das Ereignis fiel dem automatischen Teleskop auf und es schlug Alarm.

Um was für ein astronomisches Phänomen handelt es sich?

Zunächst dachten die Forscher, es handele sich um eine Supernova oder einen Stern, der in ein Schwarzes Loch stürzt. Weitere Beobachtungen zeigten, dass die Explosion in einer weit entfernten Galaxie stattgefunden hatte. Das Licht hatte von dort acht Milliarden Jahre zur Erde gebraucht. Die Explosion hatte also vor acht Milliarden Jahren, etwa sechs Milliarden Jahre nach dem Urknall, stattgefunden.

Die große Entfernung bedeutet auch, dass die Explosion ungewöhnlich energiereich war und sie dauerte ungewöhnlich lange an. „Normalerweise dauern solche Explosionen ein paar Monate an, dann schwächt sich die Strahlung wieder ab“, erklärt Wiseman. „Dass etwas länger als zwei Jahre derart hell leuchtet, ist sehr ungewöhnlich.“

Gibt es ähnlich helle Ereignisse im Weltall?

Die einzigen Objekte im Kosmos mit einer vergleichbaren Helligkeit wie AT2021lwx sind Quasare – supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren weit entfernter Galaxien. Sie senden Strahlung aus, weil ständig Materie von außen in sie hinein fällt und sich dabei aufheizt.

„Solche Quasare flackern, ihre Helligkeit schwankt sehr stark“, erläutert Mark Sullivan von der University of Southampton. Im Gegensatz dazu stieg die Helligkeit von AT2021lwx zunächst innerhalb von etwa hundert Tagen um das Hundertfache an und nimmt seither sehr langsam wieder ab.

Was ist die Ursache dieser kosmischen Explosion?

Um der Ursache der Explosion auf die Spur zu kommen, haben Philip Wiseman, Mark Sullivan und ihre Kollegen von der University of Southampton das Himmelsobjekt drei Jahre lang mit einer Vielzahl von Instrumenten beobachtet. Mit den so gewonnenen Daten kristallisierte sich schließlich ein Szenario als wahrscheinlichste Erklärung für die Explosion heraus.

Vermutlich ist eine große Wolke aus molekularem Wasserstoff in ein Schwarzes Loch mit etwa der milliardenfachen Masse unserer Sonne gefallen. Dabei wurde die Wolke nicht auf einen Schlag verschlungen, sondern in Teilen – was jeweils Stoßwellen im Rest der Wolke auslöste und so zu der starken Strahlung führte.

Info: Schwarzes Loch

Was ist ein Schwarzes Loch?
Schwarze Löcher sind eine der Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die Albert Einstein vor rund einem Jahrhundert aufgestellt hat. In ihnen ist die Masse von einigen bis mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt komprimiert. Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen, daher der Name. Schwarze Löcher können beispielsweise entstehen, wenn ausgebrannte Riesensterne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenstürzen.

Wie sieht ein Schwarzes Loch aus?
Ein Schwarzes Loch selbst ist auch für die besten Teleskope unsichtbar. Zeichnungen auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen Kreis mit einem strahlend hellen Ring. Die Innenseite dieses Rings markiert den sogenannten Ereignishorizont, auf Englisch „Event horizon“, der dem Projekt seinen Namen gab. Er ist der Ort im Umkreis eines Schwarzen Lochs, von dem aus noch Licht entkommen kann. Man fotografiert also nur den strahlend hellen Ring um das Schwarze Loch.

Wieso leuchten Schwarze Löcher?
Viele Schwarze Löcher verleiben sich neue Materie ein. Diese Materie fällt aber nicht auf direktem Weg ins Schwarze Loch. Stattdessen sammelt sie sich auf einer immer schneller rotierenden Scheibe – ähnlich wie Wasser in einem Strudel aus der Badewanne fließt. In dieser sogenannten Akkretionsscheibe wird die Materie durch gegenseitige Reibung Millionen Grad heiß und leuchtet dadurch hell auf, bevor sie im Schlund des Schwerkraftmonsters für immer verschwindet.

Wie groß sind Schwarze Löcher?
Schwarze Löcher besitzen zwar unvorstellbar viel Masse, sind dabei aber sehr klein. Ein Schwarzes Loch mit der Masse unserer Erde wäre beispielsweise nur so groß wie eine Kirsche. Zudem sind die Schwarzen Löcher sehr weit weg: Zum Zentrum der Milchstraße sind es 26 000 Lichtjahre, M87 ist sogar 55 Millionen Lichtjahre entfernt. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt.