Der Strafbefehl gegen den früheren Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf wegen dessen Rolle bei der Räumung des Mittleren Schlossgartens für das Bahnprojekt Stuttgart 21 löst bei den beteiligten Rechtsanwälten der Verletzten Kritik aus: Der Strafbefehl sei reichlich milde.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Der Strafbefehl des Amtsgerichts gegen den früheren Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf wegen dessen Rolle bei der Räumung des Mittleren Schlossgartens für das Bahnprojekt Stuttgart 21 hat bei den beteiligten Rechtsanwälten der Verletzten Kritik ausgelöst: Der Strafbefehl sei reichlich milde. Rechtlich habe man aber keine Handhabe. „Gemessen an den anderen Polizisten, die wegen des Wasserwerfereinsatzes Strafbefehle bekommen haben, ist die Höhe sehr gering“, sagt die Anwältin Simone Eberle, die im Wasserwerferprozess eine Frau als Nebenklägerin vertreten hatte, die bei der Räumung des Parks am 30. September 2010 durch einen starken Wasserstoß an den Augen schwer verletzt worden war. Insgesamt gab es bei dem Polizeieinsatz mehrere Hundert Verletzte.

 

„Die Höhe ist sehr gering“, meint eine Anwältin

Dienstrechtlich keine Konsequenzen

Das Amtsgericht hat gegen Stumpf wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 130 Euro, also 15 600 Euro, ausgestellt. Zuvor hatten bereits der Staffelführer und zwei Kommandanten der drei Fahrzeuge Haftstrafen von sieben Monaten auf Bewährung und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen akzeptiert. „Stumpf indes hatte die Führung bei dem Einsatz. Er wäre in der Lage gewesen einzuschreiten, als er im Park beobachtete, wie gefährliche Wasserstöße abgegeben wurden“, sagt die Anwältin Simone Eberle. „Damit hätte sein Strafbefehl auch höher ausfallen müssen als bei den anderen Polizisten“, so die Anwältin.

Auch Rechtsanwalt Frank-Ulrich Mann, der im Wasserwerferprozess gegen zwei Polizeiführer den Nebenkläger Dietrich Wagner vertrat, kritisiert den Strafbefehl: „Für Stumpf ist der Betrag ein wahres Schnäppchen, auch wenn er dann vorbestraft ist“, sagt Mann. Schließlich habe der Ex-Polizeipräsident dienstrechtlich keine Konsequenzen mehr zu befürchten. Ein halbes Jahr nach dem Polizeieinsatz war Stumpf mit 60 Jahren offiziell aus gesundheitlichen Gründen in Pension gegangen.

Vermutlich zahlt Stumpf die Strafe

Stumpf hat den Strafbefehl wegen Unterlassens am Montag erhalten. Er sei nachmittags im Park gewesen, habe aber nichts unternommen, um darauf hinzuwirken, dass die S-21-Gegner nicht am Kopf getroffen werden, heißt es darin. Indem er damals zuvor den Einsatz der Wasserwerfer frei gegeben habe, sei er seiner besonderen Überwachungs- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen, so die Ermittler. Als wahrscheinlich gilt, dass Stumpf die Strafe zahlen wird, um sich nicht monatelang einem öffentlichkeitswirksamen Mammutprozess auszusetzen.

„Generell zufrieden über Strafbefehl“

Die vorgeworfene fahrlässige Körperverletzung im Amt bezieht sich auf vier Verletzte, die von Wasserstößen Blessuren davontrugen, nachdem Stumpf im Park war. Zwei von ihnen werden anwaltlich vertreten, ein Mann von Anwalt Mann und eine Frau von Rechtsanwältin Ursula Röder. Letztere erklärt auf Anfrage, dass sie generell zufrieden sei, dass die Ermittlungen gegen Stumpf zu einem Strafbefehl geführt haben. Die Geldstrafe hält die Anwältin für nicht allzu hoch.

Derweil versucht die Anwältin weiterhin, den damaligen Staatsanwalt Bernhard Häußler strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Ursula Röder erklärte, dass sie nun ein Klageerzwingungsverfahren gegen Häußler beantragt habe. Vor einem Monat hatte die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe entschieden, dass man gegen Häußler kein Verfahren einleiten müsse, wie Ursula Röder zuvor gefordert hatte. Die Anwältin ist indes der Ansicht, dass auch Häußler eine Mitschuld am „schwarzen Donnerstag“ trägt. Er sei den ganzen Tag an der Seite Stumpfs gewesen. Auch Häußler habe damit eine fahrlässige Körperverletzung im Amt begangen, so die Anwältin.