Mit 2800 Tieren ist der Schweinezuchtbetrieb von Günther und Andreas Luidthardt einer der Großen seiner Art. Der Landesbauernverband hat Journalisten dorthin eingeladen, um zu zeigen, wie moderne Schweinezucht funktioniert.

Ingersheim - Hektisches Quietschen, panisches Gilfen, Keifen, Fiepsen in der Geburtsstation: etwa 20 Mutterschweine stehen fast reglos herum oder liegen auf der Seite, während ihre Ferkelschar gierig an ihren Zitzen zieht. Doch als die Besuchergruppe den Stall betritt, ist es aus mit der Ruhe. Die Ferkel springen umher, recken ihre Schnauzen in Richtung der rund 15 Zweibeiner, die in seltsamen weißen Ganzkörperanzügen, mit Plastiktüten an den Schuhen, umherstapfen.

 

Ortstermin beim Schweinezuchtbetrieb Luidthardt in Ingersheim. Der Landesbauernverband Baden-Württemberg hat Journalisten eingeladen, sich hier ein realistisches Bild davon zu machen, wo das Schweineschnitzel herkommt, das Verbraucher im Supermarkt oder bei einem regionalen Metzger kaufen. Die landwirtschaftliche Tierhaltung stehe im Verruf mit „industrieller Massentierhaltung“ alle ethischen Gebote außer Acht zu lassen. Deshalb will Klaus Mugele mit diesem Termin anlässlich der Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“ (vom 16. bis 25. Januar in Berlin) dagegen halten: „Es hat sich vieles zum Wohl der Tiere verbessert“, sagt der Vizepräsident des Bauernverbandes.

Antibiotika? Nur im Notfall!

Zum Beispiel beim Stichwort Antibiotika. Noch immer spukt in den Köpfen vieler Verbraucher das Bild vom Bauern herum, der seine Schweine präventiv mit Medikamenten vollpumpt, damit ja keines krank wird. „Wir geben den Tieren nichts, außer, wenn sie wirklich etwas haben“, versichert der Seniorchef Günther Luidthardt dazu.

Als er vor rund 30 Jahren mit der Schweinezucht begonnen hat, habe er sich nicht träumen lassen, dass der Betrieb zum größten im Landkreis Ludwigsburg wachsen würde. Mit 70 Muttersauen habe er angefangen – heute leben auf dem Hof zwischen Ingersheim und Freiberg 450 Muttertiere. Insgesamt halten die Luidthardts zurzeit rund 2800 Schweine.

Andreas Luidthardt (34) steht im schwarzen Overall in seinem Stall und blickt mit friedlichen braunen Augen umher. An seinem Revers hängt ein rosafarbener Button mit der Aufschrift: „Ich mag Schweine.“ Der Juniorchef ist 2002 als frisch gebackener Landwirtschaftsmeister in den Betrieb der Eltern eingestiegen. „Ich schaue jeden Tag nach den Tieren“, erklärt er. Das sei schon ein Gebot der Wirtschaftlichkeit: „Wenn die Qualität nicht stimmt oder die Tiere krank sind, kauft einem keiner mehr etwas ab.“

Ungeplantes Wachstum

Als Vater kleiner Kinder weiß Andreas Luidthardt genau, dass sein Betrieb wie ein Gegenentwurf zum romantischen bäuerlichen Idealbild aus den Bilderbüchern für Kinder wirken muss. Drei Schweine, zwei Kühe, ein Pferd und eine Katze: „So was geht heut nimmer.“ Größe und beständiges Wachstum ist in der Branche ein Gebot, dem sich auch die Luidthardts gebeugt haben, damit der Sohn den Betrieb übernehmen kann. Denn Größe, so heißt es in Fachkreisen, ist nicht nur ein betriebswirtschaftlicher Faktor, sondern auch wichtig für die Gesundheit.

Heute liege die übliche Handelscharge für Ferkel bei 250 Tieren. Das sei die Größe der meisten Mastbetriebe, die Schweine bei Luidthardts kaufen, dann weiter groß ziehen und schließlich selbst schlachten oder an Schlachtereien verkaufen, erläutert Klaus Mugele vom Bauernverband. Wer weniger verkaufe, habe Abschläge beim Preis. Die Käufer hätten größtes Interesse daran, dass die Tiere jeweils aus dem selben Stall kämen, „weil sie da auch ihre speziellen Bakterien und Antikörper mitbringen“. Wer zu viel mische, riskiere Krankheiten – und überzogenen Antibiotikaeinsatz. Deshalb sei das Wachstum des Luidthardt-Hofs „kein Größenwahnsinn, sondern eine gesundheitliche und wirtschaftliche Notwendigkeit“, erklärt Mugele. In Sachen Wirtschaftlichkeit sieht sich die Branche ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Der Grundpreis für ein 25 Kilogramm schweres Ferkel ist laut Andreas Luidthardt so tief wie seit der Einführung des Euro nicht mehr. Der Marktwert eines Tieres liege zurzeit bei rund 33 Euro. „Um die Familie zu ernähren und auch in den Betrieb zu investieren, müssten eigentlich 60 Euro drin sein“, sagt der Juniorchef.

Was für nicht Eingeweihte zunächst wie Tierquälerei aussieht, sei indirekt auch dem Tierschutz geschuldet, sagt Luidt-hardt: Die Stahlgatter, in denen die Muttersauen vier Wochen lang leben müssen, sehen nicht eben freundlich aus. Doch ohne diesen Schutz sei die Gefahr groß, dass sich die bis zu 280 Kilo schweren, von der Geburt noch erschöpften Tiere versehentlich auf ihre Ferkel legen.