In Graubünden kann man vielerorts eine Pferdeschlittenfahrt machen. Dass aber ein echter Maori auf dem Kutschbock sitzt, das gibt es nur in Klosters.

Klosters - Der Huia, eine seltene Vogelart, die nur auf Neuseeland vorkam, gilt seit 1907 als ausgestorben. Einen Huia gibt es aber mindestens noch: Te-Huia, Kutscher in Klosters, ist gebürtiger Maori. Schon allein deshalb ist der 63-Jährige so etwas wie eine Institution in der 3900 Einwohner zählenden Nachbargemeinde von Davos. Te-Huia kam mit 27 Jahren von der Nordinsel Neuseelands in die Schweiz - in seiner Heimat lebte er auf einen kleinen Farm. „Ich bin mit Pferden groß geworden“, erzählt er, „mit Kühen konnte ich bis dahin überhaupt nichts anfangen.“ Eigentlich wollte er nur einen mehrwöchigen Europa-Trip machen. Geblieben ist er dann aber ganz in der Schweiz, der Liebe wegen. Seine Frau kommt aus Klosters, das Ehepaar hat einen 22-jährigen Sohn, der in der Jugendmannschaft des Davoser Eishockeyclubs HC Davos spielt. „Grüezi“, oder „How are you, wie geht es Ihnen“, begrüßt er seine Gäste wahlweise in breitem Schwyzerdütsch (Schweizerdeutsch) oder in Englisch.

 

Eine Bilderbuch-Kulisse tut sich auf

Bis zu neun Personen passen in seinen offenen Pferdeschlitten, ein Zweispänner, der je nach Beschaffenheit des Untergrunds auf Kufen gleiten, aber auch auf Gummirädern fahren kann. Ein imposantes Gespann: Frankie (20) und Victor (8), zwei bildschöne Friesen-Wallache mit dunkelbraunem, glänzenden Fell und langen Mähnen. Te-Huia: „Frankie geht links auf der Seite des Gegenverkehrs, Victor rechts zum Rand der Straße hin, da ist es ruhiger.“ Man kann Te-Huia in Klosters als eine Art exklusives Open-Air-Taxi mit zwei Pferdestärken vor die Haus- oder Hoteltür bestellen (www.pferdekutschen.ch) - oder eine längere Ausfahrt über Monbiel bis zur ehemaligen Alpe Garfuin unternehmen. Im Schritt oder leichten Trab geht es dann aus dem Ortskern von Klosters hinaus in die verschneite Winterlandschaft entlang des Flusses Landquart. Eine Bilderbuch-Kulisse tut sich auf, wie sie romantischer kaum sein könnte: Das Wasser rauscht, die Glöckchen am Zaumzeug der Pferde bimmeln bei jedem Schritt, die Kufen schleifen sanft über den weißen Winterpfad. Der Gast ergibt sich derweil dem gleichmäßigen, sachten Geschaukel der Kutsche, bis zur Taille warm eingemummelt in Wolldecken und eine dicke Extra-Überdecke.

Man schaut auf die schneebedeckten Nadelbäume und Berghänge links und rechts des Weges, sieht aus der Ferne den Langläufern zu, wie sie sich in den stets perfekt gespurten Loipen abmühen - Entschleunigen nennt man das auf Neudeutsch. Te-Huia, der auch noch in einer Schreinerei in Klosters Möbel nach Maß baut und überhaupt so wirkt, als könne er kräftig anpacken, ist perfekt in die Gemeinde integriert: Alle paar Meter grüßt jemand oder winkt ihm zu, selbst aus Küchenfenstern heraus wird dem Kutscher bei seinen Touren zugenickt. Nach etwa einer Stunde Fahrtzeit ist die Alpe Garfuin erreicht, ein uriges, von Einheimischen wie Urlaubern geschätztes Ausflugslokal weit hinter Monbiel auf einer einsamen Anhöhe. Dort werden Frankie und Victor, die inzwischen dampfen, trockengerieben, sie bekommen Heu und werden getränkt.

Die Gäste können sich derweil in der holzvertäfelten Gaststube bei Glühwein oder Jagertee aufwärmen und eine Stärkung zu sich nehmen. Besonders schön ist die Rückfahrt nach Klosters, wenn es bereits dunkel wird. Dann wirken die Nadelbäume düster und geheimnisvoll, es ist kaum noch jemand unterwegs, in den Häusern brennt schon Licht. Es hat merklich abgekühlt, die Luft ist kalt und feucht und ganz klar. Und dann ist man auch schon wieder in der Ortsmitte von Klosters. Frankie und Victor wollen heim in ihren Stall, denn da gibt es Hafer, Heu und Silo-Mais.

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