Eine Frau klagt, ihre Mutter sei in der Seniorenresidenz Anna Maria in Ludwigsburg misshandelt worden. Fakt ist: die Seniorin ist schwer verletzt. Die Polizei ermittelt.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Eine schwer demenzkranke Frau wird mit einem gebrochenen Arm und Hämatomen im Bett gefunden, ihre Tochter erhebt schwere Vorwürfe, die Heimbetreiber schalten die Polizei ein – die Seniorenresidenz Anna Maria in Ludwigsburg kommt nicht zur Ruhe. In den vergangenen Wochen war das zur Alloheim-Gruppe gehörende Haus wegen eher allgemeiner Anschuldigungen bezüglich der hygienischen und pflegerischen Standards in den Schlagzeilen, jetzt geht es um einen konkreten Fall. Eine Frau behauptet, ihre Mutter sei schwer misshandelt worden.

 

Fakt ist: Kurz vor Weihnachten entdeckten Pfleger eines Morgens mehrere Blutergüsse am Körper einer hochgradig demenzkranken Heimbewohnerin, kurze Zeit später klagte die 87-Jährige zudem über Schmerzen am Arm, weshalb sie von der Pflegeleitung in ein Krankenhaus überwiesen wurde. Dort wurde festgestellt, dass der Arm gebrochen ist. Wie diese Verletzungen zustande gekommen sind, ist unklar. „Meine Mutter ist komplett bewegungsunfähig, sie kann sich das nicht selbst zugefügt haben“, sagt Agnes Ster, die Tochter der Seniorin. „Und aus dem Bett kann sie auch nicht gefallen sein, weil sie hinter einem Gitter schläft und sich selbst nicht mehr drehen kann.“ Ihre einzige Erklärung sei daher: „Die Verletzungen müssen ihr vorsätzlich zugefügt worden sein.“

Die Tochter der Bewohnerin hat Strafanzeige erstattet

Agnes Ster hat eine Strafanzeige gegen „nicht namentlich bekanntes Pflegepersonal und gegebenenfalls weiteres Leitungspersonal“ erstattet. Auch das Haus selbst hat die Polizei eingeschaltet. „Weil Fremdverschulden nicht ausgeschlossen werden konnte, hat Alloheim vorsorglich Anzeige gegen Unbekannt erstattet“, berichtet eine Sprecherin der Firma. Nachdem die Verletzungen entdeckt worden waren, sei ein Sachverständigen-Gutachten angefordert worden. Alle „im fraglichen Zeitraum mit der Betreuung der Bewohnerin befassten Pflegemitarbeiter“ seien eingehend befragt worden. Alle hätten erklärt, dass es bis zu jenem Morgen keine Auffälligkeiten gegeben habe. „Zum Bedauern von Alloheim haben sämtliche Anstrengungen zur Aufklärung bislang keine eindeutigen Erkenntnisse gebracht“, erklärt die Sprecherin. Die Untersuchungen hätten keinerlei Hinweise auf eine Fremdeinwirkung ergeben. Vorsätzliches Fremdverschulden sei nach dem heutigen Wissensstand ausgeschlossen. Das vorläufige Fazit des Heims: „Die festgestellten Verletzungen können verschiedene Ursachen haben.“

Die Ludwigsburger Polizei bestätigt, dass das Heim den Fall selbst zur Anzeige gebracht hat, weswegen nun gegen Unbekannt ermittelt werde. Der im Raum stehende Vorwurf: Misshandlung von Schutzbefohlenen. „Was da dran ist, müssen die Ermittlungen ergeben“, sagt der Polizeisprecher Peter Widenhorn. Für alle weitergehenden Aussagen sei es noch zu früh.

Fotos belegen die massiven Verletzungen im Gesicht der Seniorin

Dass nicht nur der Armbruch, sondern auch die Hämatome erheblich sind, zeigen Fotos, die Agnes Ster von ihrer Mutter gemacht hat. Im Gesicht, vor allem an den Augen, sind massive Blutergüsse erkennbar. Direkt nach dem Vorfall sei es ihrer Mutter sehr schlecht gegangen, berichtet die Frau, die gelernte Krankenschwester ist. „Jetzt heilen die Hämatome langsam ab, aber sie hat natürlich noch Schmerzen am Arm.“ Ihre Mutter habe das Krankenhaus inzwischen verlassen können und sei in ein anderes Heim verlegt worden.

Die Seniorenresidenz Anna Maria gehört zur Alloheim-Gruppe mit Sitz in Düsseldorf, die wiederum dem US-Finanzinvestor Carlyle Group gehört. Mitarbeiter und Bewohner haben sich in den vergangene Wochen öffentlich über die hygienischen und pflegerischen Zustände in dem Ludwigsburger Haus beklagt. Dort gebe es zu wenig fachkundiges Personal, hieß es. Bewohner würden zu selten gewaschen und teilweise vernachlässigt. Ein Alloheim-Sprecher hat in dem Zusammenhang vor einigen Wochen eingeräumt, dass in der „Vergangenheit nicht alle Qualitätskriterien eingehalten wurden“. Vor einiger Zeit sei ein neuer Manager eingesetzt worden. „Es wurden große Fortschritte erzielt“, erklärt das Unternehmen. „Die Qualitätsvorgaben in der Pflege werden inzwischen vollständig eingehalten.“