Tornados treten in Deutschland nur selten auf. Bei dem Sturm, der jetzt über Ostwestfalen hinweggefegt ist, könnte es sich um eine Windhose handeln, sagt der Meteorologe Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Ein schweres Unwetter hat in Ostwestfalen erheblichen Schaden angerichtet. Die Feuerwehr war am Sonntagabend im Kreis Minden-Lübbecke im Dauereinsatz. Die Polizei spricht von einem Tornado, der einen Stadtteil von Minden heimsuchte. Meteorologen wollen sich hingegen noch nicht festlegen, ob es tatsächlich ein Wirbelsturm war. Wir sprachen darüber mit dem Diplom-Meteorologen Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach:

 

„Es gibt Anzeichen für einen Tornado“

Gerhard Lux. Foto: DWD
Herr Lux, war es wirklich ein Tornado, der über Ostwestfalen hinweggefegt ist?
Wir können nicht mit Sicherheit sagen, was genauso es gewesen ist. Es ist schwierig sich allein aufgrund der Schäden, die wir bisher gesehen haben, ein Bild zu machen. Oftmals ist es so, dass auch starke Sturmböen eine Stärke wie Tornados erreichen können. Es gibt nur die Möglichkeit, einen Tornado als solchen zu erkennen, wenn man sich das Schadensbild vor Ort ganz genau anschaut. Noch besser ist es, wenn Augenzeugenberichte oder Filmaufnahmen vorhanden sind. Letztendlich ist es für die Geschädigten jedoch akademisch, ob es ein Tornado war oder nicht.
Bei Tornados denkt man gleich an die USA. Wie häufig sind Windhosen in Deutschland?
Selbst bei optimalen Bedingungen sind Tornados hier zu Lande ein sehr seltenes Ereignis. Nur in einem Prozent aller Stürme kommt es zu einem echten Tornado. Wir haben in Deutschland keine amerikanischen Verhältnisse. Es hat schon größere Tornados gegeben wie in den 1960er Jahren in Pforzheim. Kleinere Tornados in Verbindung mit einer Kaltfront und Wärmegewittern kommen indes häufiger vor – ungefähr 20 bis 50-Mal im Jahr. Prinzipiell sind sie aber das ganze Jahr über möglich.
Hat dieses Wetterphänomen mit dem Klimawandel zu tun?
Nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand kann man das Unwetter in Minden nicht mit dem Klimawandel in Verbindung bringen. Der Klimawandel ist eine Temperaturerhöhung der Erdatmosphäre. Das wiederum verstärkt den Wasserkreislauf, wodurch sich stärkere Regenschauer und Stürme bilden können. Man kann aufgrund der Beobachtungen der Tornados überhaupt nichts statistisch ableiten. Das wäre reine Spekulation. Im Moment sieht alles normal aus.
Gibt es bei Tornados in Deutschland ein Nord-Süd-Gefälle?
Im Westen eher als im Osten und im Süden eher als im Norden. Das hängt mit der Wärmeentwicklung und den Großwetterfronten zusammen, die im Sommer über Deutschland hinwegziehen. Im Süden sind Sommergewitter häufiger. Aber niemand in Deutschland ist vor einem Tornado gefeit.
Hollywood-Katastrophen-Regisseur Roland Emmerich hätte wohl keine Freude an Deutschlands Mini-Tornados.
Emmerichs Filme sind interessant, aber das ist Hollywood. Von solchen Szenarien sind wir noch sehr weit entfernt.