Der VfB Stuttgart setzt in der Trainerfrage auf die sichere Variante. Markus Weinzierl kennt die Bundesliga – und soll einmal mehr beweisen, dass er eine Mannschaft weiterentwickeln kann. Im Rennen war übrigens auch ein Isländer.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Als am Dienstagvormittag klar war, wer am Mittwochnachmittag um 15.30 Uhr das öffentliche Training des VfB Stuttgart leiten wird, ist womöglich einer zusammengezuckt, der dann gar nicht dabei sein wird. Dennis Aogo ist verletzt, er kuriert noch einen Muskelfaserriss aus – kennt den neuen Mann auf dem Trainerposten aber ganz gut. In der Saison 2016/2017 hatte Aogo sein viertes Jahr auf Schalke – und Markus Weinzierl war sein Trainer.

 

In einem Interview hat die Nummer drei des VfB mal erklärt, er habe viel gelernt in diesem Jahr – allerdings durch nicht allzu positive Erfahrungen. Aogo musste die Rolle des Reservisten zu erstragen lernen. Weil Weinzierl andere Pläne hatte. Nun treffen sie sich in Stuttgart wieder.

Einen „absolut erfolgshungrigen Trainer“ habe man verpflichtet, berichtete Michael Reschke, der Sportvorstand des VfB Stuttgart. Dessen Präsident, Wolfgang Dietrich, sieht Weinzierl als „erfahrenen und zugleich ambitionierten Cheftrainer“. Der 43-jährige Bayer (Vertrag bis 2020) sagte: „Ich brenne darauf, die Arbeit mit meiner neuen Mannschaft zu beginnen.“ Vom Potenzial des Teams und des Clubs sei er „überzeugt“.

Eine klare Spielidee soll her

Eben dieses Potenzial, so sah es die weiß-rote Führungsriege, hatte der bisherige Coach nicht auszureizen gewusst. Am Sonntag, wenige Stunden nach der 1:3-Niederlage in Hannover, hatte der VfB Tayfun Korkut freigestellt. Danach versprach man eine sorgfältige Suche und Gespräche mit mehreren Kandidaten. Der Ex-Leipziger Ralph Hasenhüttl war nicht zu haben, eine exotische Lösung (mit dem früheren isländischen Nationalcoach Heimir Hallgrimsson wurde gesprochen) erschien am Ende wohl zu unwägbar, also fiel die Wahl dann doch zügiger als gedacht auf Weinzierl. Reschke ist sicher: „Er wird unsere Mannschaft entscheidend weiterentwickeln.“

Dass er ein solches Vorhaben umsetzen kann, hat Weinzierl, der 17. VfB-Trainer seit der Meisteschaft 2007, in Regensburg und vor allem in den vier Jahren beim FC Augsburg bewiesen. Der VfB-Sportchef Michael Reschke kennt den Straubinger schon mindestens so lange, angeblich war Weinzierl vor Jahren auch mal ein Kandidat für den Trainerposten bei Reschkes früherem Club Bayer Leverkusen. Nun verspricht man sich beim VfB neben den nötigen Punkten für den Weg aus dem Tabellenkeller vor allem zwei Dinge vom an der Seitenlinie impulsiven Bayern: die Umsetzung einer klaren Spielidee, die auf hoher Intensität und mehr offensiven Elementen als zuletzt beruht. Und die Entwicklung der Mannschaft. Nach Möglichkeit über einen längeren Zeitraum hinweg – was zuletzt selten geklappt hat.

Im Lehrgang mit Korkut, Kienle und Schneider

Weinzierl kennt das aktuelle VfB-Team, „ich habe die Bundesliga in den vergangenen Monaten intensiv beobachtet“, versichert er. Auch das sprach für den früheren Zweitligaprofi, unter anderem bei den Stuttgarter Kickers. Die Blauen sind nicht die einzige Verbindung zur Landeshauptstadt.

Im Lehrgang zum Fußballlehrer traf Weinzierl 2010/2011 nicht nur auf andere heutige Profitrainer wie Roger Schmidt (Beijing Guoan in China) und Frank Schmidt (1. FC Heidenheim), sondern auch auf Ex-VfB-Spieler und -Trainer Thomas Schneider – die beiden verbindet bis heute eine enge Freundschaft –, Marc Kienle (U-21-Coach beim VfB) sowie: Tayfun Korkut und Ilija Aracic, bis Sonntag Chef- und Co-Trainer in Stuttgart. Korkut wäre übrigens beinahe gar nicht VfB-Trainer geworden.

Schon Ende Januar, als es um die Nachfolge von Hannes Wolf ging, hatte es Kontakt zwischen dem VfB und Weinzierl gegeben. Dieser besaß damals aber noch einen gültigen (und hoch dotierten) Vertrag beim FC Schalke 04, die Einigung unter drei Parteien scheiterte, von einer folgenden Missstimmung will heute keiner mehr etwas wissen. Weinzierl hat sich vor Monaten mit den Knappen auf eine Vertragsauflösung geeinigt, zudem soll er sich emotional komplett gelöst haben vom Aus nach nur einem Jahr in Gelsenkirchen und hat sich weitergebildet (unter anderem bei Pep Guardiola und Manchester City) – also war der Weg zum VfB nun frei. Wo Markus Weinzierl gleich gefordert ist.

Erst Borussia Dortmund, dann 1899 Hoffenheim

Seine ersten Gegner heißen Borussia Dortmund (20. Oktober) und 1899 Hoffenheim (27. Oktober), offen ist noch, welche persönliche Unterstützung er erhält. Von Augsburg nach Schalke nahm er einst drei Co-Trainer mit. Tobias Zellner ist mittlerweile zurück beim FCA, Wolfgang Beller (54) wird nun voraussichtlich mit zum VfB kommen, im Athletikbereich, dem Fachgebiet von Thomas Barth (37) ist der VfB dagegen gut aufgestellt. Zudem denkt der Verein darüber nach, einen eigenen Assistenten zu installieren. Andreas Hinkel wird das aber wohl nicht sein. Der Übergangscoach (von Sonntag bis Dienstag) wird zunächst die Ausbildung zum Fußballlehrer beenden. An diesem Mittwoch steht er dennoch mit auf dem Trainingsplatz – im Rahmen seines Praktikums. Zudem mit dabei ist ein weiterer Bekannter Weinzierls.

Auch Abwehrspieler Holger Badstuber spielte einige Monate auf Schalke unter dem neuen VfB-Trainer. Auf zehn Bundesligaeinsätze kam der Ex-Nationalspieler in der Rückrunde der Saison 2016/2017 unter Weinzierl. Und damit auf drei mehr als Dennis Aogo in der ganzen damaligen Spielzeit.