Badegäste im finnischen Heldinki können das ganze Jahr über im Hafenbecken schwimmen – zumindest solange sie die Wassertemperatur ertragen.

Helsinki - Es ist Hochsommer in Helsinki: Während sich die Möwen kaum am Himmel halten können, wirft sich der Bademeister am Boden erst mal eine Regenjacke über. Sprühregen, Wolken, Windböen – die finnische Urlaubssaison kann tückisch sein. Doch von solchen Kleinigkeitybillaen lassen sich die Schwimmer im „Allas Sea Pool“ nicht die Laune verderben. Das Freibad liegt mitten im Hafenbecken, abgetrennt nur durch ein paar hölzerne Pfosten. Die Wassertemperatur ist stets dieselbe wie die in der Ostsee – an diesem Tag exakt 10 Grad Celsius.

 

„Dieser ganze Ort ist unglaublich finnisch“, meint die 20-jährige Iris Nurminen. „Wir gehen gerne in die Sauna, springen ins kalte Wasser und trinken danach noch ein Sauna-Bier. Genau das kann man hier machen, und zwar mitten in der Stadt.“ Nurminen arbeitet im „Allas Sea Pool“ und ist daher vielleicht nicht die neutralste Person. Doch Helsinkis neue Attraktion scheint ihr auch privat zu gefallen: „Ich arbeite an der Kasse und gehe nach der Arbeit oft schwimmen. Wenn ich keinen Spaß daran hätte, würde ich das ja nicht machen.“ Im Winter sei die Stimmung sogar noch besser: „Da treiben Eisschollen um uns herum, während wir im Wasser schwimmen. Das ist schon ein besonderes Gefühl.“ Natürlich gibt es auch unter den Finnen viele, die schon bei der bloßen Vorstellung eines Eisbades eine Gänsehaut bekommen. Deshalb hat das Hafenschwimmbad vorgesorgt: Neben dem Ostsee-Becken gibt es ein gechlortes und ein beheiztes.

Seit September 2016 ist das Hafenschwimmbad offiziell in Betrieb. Lange war unklar, ob es die neue Attraktion überhaupt jemals geben würde. Zum einen wegen der Kosten: Um das Projekt zu stemmen, sammelten die Betreiber nach eigenen Angaben etwa 1,7 Millionen Euro per Crowdfunding. Zum anderen wegen des außergewöhnlichen Konzeptes: „Wir befinden uns direkt gegenüber dem denkmalgeschützten Präsidentenpalast“, erzählt Timo Metsälä, der Geschäftsführer von „Allas Sea Pool“.

Die meisten Besucher sind Einheimische

Viele Einwohner hätten einen zu großen Eingriff in die vorhandene Architektur befürchtet. Auch über die Sicherheit der Badegäste wurde heftig diskutiert. „Hier fahren sehr viele große Schiffe direkt neben dem Becken“, ergänzt Metsälä. „Da war es schwierig, eine Baugenehmigung zu bekommen.“ Mit viel Geduld und noch mehr Lobbyarbeit ist es schließlich gelungen. Von außen betrachtet sieht „Allas Sea Pool“ aus wie eine Mischung aus Beach-Bar und Hotel-Swimmingpool, allerdings mit höheren Preisen. Der Barmann hinter dem Tresen verlangt 8,50 Euro für eine Flasche Bier; die gleiche Summe müssen Schwimmer bezahlen, die sich ein Badetuch ausleihen.

Und doch wird die neue Attraktion gut angenommen. Rund 60 Prozent der Nutzer sind Einheimische, den Rest bilden Touristen. „Wir sind seit Mai 2017 profitabel“, sagt Metsälä. Für ihn ist der Hafenpool eine Art Geschenk an die Allgemeinheit: Als Normalbürger habe man normalerweise keinen Zugang zum Hafen. „Da dürfen höchstens ein paar Lieferautos parken, und das war’s dann.“ Bei „Allas Sea Pool“ seien hingegen alle willkommen – nachdem sie den Eintritt bezahlt haben, versteht sich.

Am späten Nachmittag ändert sich das Wetter. Die Wolken lösen sich auf, die Sonne taucht das Hafenschwimmbad in ein gemütliches Gelb. Tatsächlich wird auch das Schwimmbecken voller, zumindest das beheizte. Der IT-Experte Tom Gathey hat das Hafenschwimmbad zum ersten Mal ausprobiert. „Ich arbeite schon länger in Helsinki, hatte davon aber noch nie etwas gehört“, sagt der 46-Jährige. Sein Urteil? „Fantastisch zum Schwimmen, auch wenn die Becken mit 25 Metern nicht zu den größten gehören.“ Manchmal sei ihm die Konzentration etwas entglitten, erzählt er: „Ich habe ständig auf die Kulisse geguckt und den Booten nachgeschaut. Da hätte ich fast das Schwimmen vergessen.“ Überhaupt gebe es in Helsinki unglaublich viele gute Schwimmbäder: „Wir haben hier sogar einen offiziellen Nacktpool.“