Die Secondhandboutique PragA im Stuttgarter Norden ist zehn Jahre alt. Bei einem Festgottesdienst in Sankt Georg resümieren die Beteiligten – und wagen den Ausblick.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Heute ist mehr Remmidemmi als sonst“, flüstert eine alte Dame einer anderen zu, die neben ihr auf der Kirchenbank sitzt. Und das stimmt: Der Gottesdienst in der katholischen Gemeinde Sankt Georg ist diesmal ein besonderer: Gefeiert wird zehn Jahre PragA. Die Secondhand-Boutique an der Friedhofstraße ist ein Gemeinschaftsprojekt von Sankt Georg und der Caritas, unterstützt von vielen Kooperationspartnern. Das Projekt soll arbeitslosen Frauen die Rückkehr in die Arbeitswelt ermöglichen.

 

Pfarrer Michael Heil wies auch gleich zu Beginn auf die enge Verbundenheit zwischen der Boutique und der Gemeinde Sankt Georg hin: Nicht nur die bunten Kragen der Ministranten stammen aus der Textilwerkstatt von PragA, sondern auch das bunte Sofakissen, das Heil vorzeigt: „Das war mein Geschenk aus der PragA zu meinem Amtsantritt“, sagte er und verriet: „Man kann darauf sehr bequem den ,Tatort‘ schauen.“

Nach fünf Jahren Planung wurde die Boutique eröffnet

Im Gottesdienst stellten die Beteiligten am Projekt PragA eine Art Zeitleiste im Mittelgang zwischen den Kirchenbänken dar: Ganz hinten, also ganz am Anfang, stand das Gründungsteam, das 2003 die Idee zu einem Projekt für Menschen ohne Arbeit umsetzen wollte. „Wir hatten nicht geplant, eine Secondhand-Boutique zu machen“, erinnert sich beispielsweise der Diakon Alfred Nicklaus. Damals lautete der Arbeitstitel des Projekts noch „Kumpan“.

Monika Renninger leitet heute das Bildungszentrum Hospitalhof, damals war sie geschäftsführende Pfarrerin der evangelischen Nordgemeinde. Sie lobte die gute ökumenische Zusammenarbeit mit Sankt Georg und betonte die Wichtigkeit des Projekts: „Arbeit macht Sinn, Arbeit gibt Sinn.“

2008, nach fünf Jahren Planung, kam dann die Eröffnung der PragA: Ein ähnliches Projekt, bei dem so viele Engagierte mit Herzblut dabei gewesen seien, „das habe ich in meinem Berufsleben davor und danach nicht noch einmal erlebt“, sagte Edgar Heimerdinger, Bereichsleiter Arbeit bei der Caritas. Und Josef Vogel, kaufmännischer Vorstand bei der Landesbaugenossenschaft Württemberg (LBG), betonte, wie froh die LBG immer noch darüber sei, dem Projekt helfen zu können. Die LBG ist Vermieter der Ladenräume der PragA an der Friedhofstraße.

Das große Lob an die Ehrenamtlichen

Ganz am Anfang der Zeitenleiste, und damit am nächsten an der Jetztzeit, stand Elke Tubandt, die Leiterin der Secondhand-Boutique, mit einem Team ehrenamtlicher Helfer und Flüchtlingsfrauen. Für letztere gibt es derzeit zehn Plätze in der Textilwerkstatt, im Rahmen einer Integrationsmaßnahme mit Deutschunterricht. „Höhen und Tiefen hatten wir viele, was bleibt, sind aber die Höhen“, resümierte Elke Tubandt.

Allein 2017 habe es zwei Rückschläge gegeben: die Streichung der Arbeitsgelegenheiten, wodurch es keine Ein-Euro-Jobs in der PragA mehr gibt, und den Abbau der Stadtbahnhaltestelle Friedhofstraße, weshalb weniger Kunden den Weg in die Boutique finden. Ihr Dank gilt den vielen Ehrenamtlichen: „Ohne sie gäbe es uns längst nicht mehr.“ Auch später beim Fest im Gemeindezentrum sagte Edgar Heimerdinger von der Caritas: „Es ist keine Frage, ob wir das Projekt PragA für arbeitslose Frauen weiter brauchen, sondern ob wir es weiter machen können.“ Neun Änderungsgesetze habe es in 14 Jahren gegeben, was die Arbeitsmöglichkeiten angeht. „Das zehnte steht in den Startlöchern.“ Mit den sich verändernden Vorgaben umzugehen, sei auch zukünftig die Herausforderung. Heimerdinger gab sich aber zuversichtlich: „Ihr und wir sind kampferprobt.“