In Kabinen über den Stau fahren oder davon schweben – diese Idee ist 45 Jahre alt.

Leonberg - Bequem in der Gondel sitzen, vielleicht etwas lesen oder noch mal kurz die Augen schließen vor oder nach der Arbeit. Und dabei trotzdem ganz schnell, sicher und unkompliziert von A nach B kommen wie in einem Auto. „Das gab es schon vor fast 50 Jahren“, sagt Dieter Maurmaier anlässlich der aktuellen Diskussion um eine mögliche Seilbahn in Leonberg und einer Forschungsidee beim hiesigen Technologiekonzern Bosch für eine variable und autonom fahrende Gondel, die individuell Ziele ansteuern kann.

 

Der FDP-Stadtrat kennt sich als Verkehrsplaner, der auch einen Lehrstuhl an der Universität Stuttgart innehatte, mit der Materie aus. Das Projekt von dem er redet, nannte sich damals „Cabinentaxi“, fuhr in Hagen (Nordrhein-Westfalen) und hört sich schon ein wenig nach der Bosch-Idee an. Gondeln mit Platz für zwei oder drei Personen fuhren auf oder unter einer Schiene und steuerten das Ziel an, welches der Fahrgast vorher an einem Ticketautomaten gewählt hat. Das lief auch schon damals computergesteuert und erinnerte ein wenig an die heutige Schwebebahn von Wuppertal, nur eben im Mini-Format.

Eine Teststrecke in Hagen

Für 20 Millionen Mark hatte eine Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen Demag und Messerschmidt-Bölkow-Blohm das System entworfen und im Hagener Stadtteil Vorhalle eine Teststrecke gebaut. Das Ziel: das Projekt in zwei Jahren marktreif zu machen. Es war das weltweit erste System für Personenschnelltransport (PRT). 1973 wurde ein 150 Meter langes Stück in Betrieb genommen, das bis 1975 auf 1,9 Kilometer ausgebaut wurde.

Von 1976 an fuhren auf der Teststrecke auch größere Kabinen für bis zu zwölf Personen. Hagen wollte das System in der ganzen Stadt einführen, auf einer Länge von 136 Kilometern. Allerdings waren die Kosten enorm. Rund sechs Millionen Euro kostete ein Kilometer Strecke. Das Forschungsministerium zahlte 80 Prozent der Teststrecke, bis 1976 waren es insgesamt 60 Millionen Mark.

Der damalige Forschungsminister Horst Ehmke (SPD) war 1973 vorsichtig optimistisch. „Es ist nur ein Schritt auf einem Weg, der schwierig und lang ist und nicht ohne Rückschläge sein wird.“ Denn auch dem Sozialdemokraten war kurz vor Beginn der Ölkrise klar, dass es für viele Menschen noch immer bequemer sei, mit dem Auto zu fahren. Es sei flexibler und individueller. „Das liegt auch daran, dass die Nahverkehrsmittel nicht attraktiv genug sind“, sagte Ehmke vor der Eröffnung der Teststrecke.