"Untersuchungshäftlinge sind von den Einschränkungen besonders betroffen", sagt Bennefeld-Kersten, die den Kriminologischen Dienst beim niedersächsischen Justizvollzug leitet. Die Zahlen belegen das. Der Fortgang des Verfahrens ist unsicher, viele haben Geldsorgen, Beziehungen drohen zu zerbrechen. Zudem können sie fast nichts selbst regeln: Für Telefonate brauchen sie die Zustimmung des Haftrichters, E-Mails sind ganz tabu. Andererseits stehen bewährte Bewältigungspraktiken wie Sport nicht zur Verfügung. "Das kann sich nachhaltig auf das psychische Wohlbefinden auswirken", sagt Bennefeld-Kersten. Neben den Neuinhaftierten gibt es zwei weitere Risikogruppen. Zum einen sind das Sexualstraftäter, weil sie im Gefängnis auf der untersten Stufe angesiedelt sind; zum Teil müssen Beamte sie wegen heftiger Anfeindungen vor Mitgefangenen schützen und isolieren. Zum anderen sind das Menschen, die jemanden umgebracht haben. Sie haben oft besonders lange Strafe oder womöglich eine Sicherungsverwahrung zu erwarten. "Dazu müssen sie den Verlust einer nahestehenden Person verarbeiten, selbst wenn sie diesen selbst herbeigeführt haben", sagt Bennefeld-Kersten.

 

Deswegen müssen Beamte nicht nur körperlich fit sein, sondern auch in Psychologie. Sie müssen Einfühlungsvermögen zeigen im Vollzug, einer Männerwelt, die Nina Schuler so umschreibt: "Man gibt nicht gerne zu, dass einem etwas nähergeht." Die Psychotherapeutin leitet den Kriseninterventionsdienst in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Crailsheim. Zwölf Mitarbeiter kümmern sich von dort aus um die Bediensteten der 19 Gefängnisse im Land. Sie werden zum Beispiel kontaktiert, wenn ein Beamter beim morgendlichen Aufschließen einen Toten entdeckt. "Schlimm sind die Vorwürfe danach", sagt Schuler: Hätte man das nicht merken müssen?

Seit 21 Jahren Vollzugsbediensteter

Alexander Schmid vom Bund der Strafvollzugsbediensteten hatte bisher Glück. Seit 21 Jahren ist er Vollzugsbediensteter. Mehrere Selbsttötungen von Insassen hat er in dieser Zeit miterlebt, aber nie war er derjenige, der einen Erhängten fand. Auf diese Art nehmen sich die weitaus meisten das Leben: Anders als in Hollywoodfilmen gezeigt, gilt bei uns das Recht auf Zivilkleidung. Gürtel und Schnürsenkel dürfen getragen werden, wenn der Anstaltsarzt keine Gefahr sieht.

Schmid sagt: "Für die Prävention ist ein enges Verhältnis zu den Gefangenen wichtig." Und auch die feste Zuweisung von Verantwortung für bestimmte Gefangene. Das steht und fällt mit der Personaldecke: "Bei uns betreut ein Beamter 50, 60 Leute von denen, die draußen keiner treffen will."

Sie können fast nichts selbst regeln

"Untersuchungshäftlinge sind von den Einschränkungen besonders betroffen", sagt Bennefeld-Kersten, die den Kriminologischen Dienst beim niedersächsischen Justizvollzug leitet. Die Zahlen belegen das. Der Fortgang des Verfahrens ist unsicher, viele haben Geldsorgen, Beziehungen drohen zu zerbrechen. Zudem können sie fast nichts selbst regeln: Für Telefonate brauchen sie die Zustimmung des Haftrichters, E-Mails sind ganz tabu. Andererseits stehen bewährte Bewältigungspraktiken wie Sport nicht zur Verfügung. "Das kann sich nachhaltig auf das psychische Wohlbefinden auswirken", sagt Bennefeld-Kersten. Neben den Neuinhaftierten gibt es zwei weitere Risikogruppen. Zum einen sind das Sexualstraftäter, weil sie im Gefängnis auf der untersten Stufe angesiedelt sind; zum Teil müssen Beamte sie wegen heftiger Anfeindungen vor Mitgefangenen schützen und isolieren. Zum anderen sind das Menschen, die jemanden umgebracht haben. Sie haben oft besonders lange Strafe oder womöglich eine Sicherungsverwahrung zu erwarten. "Dazu müssen sie den Verlust einer nahestehenden Person verarbeiten, selbst wenn sie diesen selbst herbeigeführt haben", sagt Bennefeld-Kersten.

Deswegen müssen Beamte nicht nur körperlich fit sein, sondern auch in Psychologie. Sie müssen Einfühlungsvermögen zeigen im Vollzug, einer Männerwelt, die Nina Schuler so umschreibt: "Man gibt nicht gerne zu, dass einem etwas nähergeht." Die Psychotherapeutin leitet den Kriseninterventionsdienst in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Crailsheim. Zwölf Mitarbeiter kümmern sich von dort aus um die Bediensteten der 19 Gefängnisse im Land. Sie werden zum Beispiel kontaktiert, wenn ein Beamter beim morgendlichen Aufschließen einen Toten entdeckt. "Schlimm sind die Vorwürfe danach", sagt Schuler: Hätte man das nicht merken müssen?

Seit 21 Jahren Vollzugsbediensteter

Alexander Schmid vom Bund der Strafvollzugsbediensteten hatte bisher Glück. Seit 21 Jahren ist er Vollzugsbediensteter. Mehrere Selbsttötungen von Insassen hat er in dieser Zeit miterlebt, aber nie war er derjenige, der einen Erhängten fand. Auf diese Art nehmen sich die weitaus meisten das Leben: Anders als in Hollywoodfilmen gezeigt, gilt bei uns das Recht auf Zivilkleidung. Gürtel und Schnürsenkel dürfen getragen werden, wenn der Anstaltsarzt keine Gefahr sieht.

Schmid sagt: "Für die Prävention ist ein enges Verhältnis zu den Gefangenen wichtig." Und auch die feste Zuweisung von Verantwortung für bestimmte Gefangene. Das steht und fällt mit der Personaldecke: "Bei uns betreut ein Beamter 50, 60 Leute von denen, die draußen keiner treffen will."

Notrufknöpfe

Nachts aber sind die Flure leer, die Türen zu. Fast jeder zweite Selbstmörder wird beim morgendlichen Aufschluss entdeckt. Hierzulande versucht man dem mit mehrfach belegten Zellen und Notrufknöpfen vorzubeugen. In Niedersachsen macht gerade ein ganz anderes Modell Schule. Dort hängt in fast 200 Zellen ein Notruftelefon mit direktem Draht zum Seelsorger, das nur während der Nachtstunden besetzt ist. Es ist so erfolgreich, dass Leitungen in weitere Anstalten gelegt werden sollen.

Trotz aller Prävention glaubt Bennefeld-Kersten, dass suizidfreie Gefängnisse illusorisch sind. Auch wenn die jüngste Selbsttötung in Stammheim drei Jahre zurückliegt - der mutmaßliche "Parkplatzmörder" dürfte kaum der Letzte bleiben, der in diesem Zusammenhang erwähnt wird. Er befindet sich mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Das Gericht hat den Frühpensionär für wieder verhandlungsfähig gehalten und den Prozess gegen ihn am 29. August eröffnet.