Omas und Opas sind uncool? Nicht wirklich – jedenfalls wissen die Viertklässler der Grundschule Pflugfelden nach Gesprächen mit Senioren nun auch, dass die „Alten“ früher genauso frech und lustig waren wie die Kinder heute.

Ludwigsburg - Die vielleicht wichtigste Erkenntnis der Kinder ist rasch erzählt: „Die Omas und Opas waren früher genauso frech wie wir und haben ganz schön viele Streiche angestellt“, erzählen Marie, Leila, Kaan und Patrick aus der Klasse 4b der Grundschule Pflugfelden. Erfahren haben die Zehnjährigen von diesen Streichen beim Projekt „Bewegende Momente“, das von der Familienbeauftragten der Katholischen Dekanate Ludwigsburg und Mühlacker, Hildegard Schnetz-Frangen, 2016 ins Leben gerufen wurde. Das Projekt richtet sich an Schulen, aber etwa auch an Vereine oder Kirchengemeinden, und will ältere und jüngere Menschen zusammenzubringen. „Wir möchten damit die Familienerinnerungen bewahren und wachhalten“, sagt Hildegard Schnetz-Frangen.

 

Ein Leben ohne Handy

Einen Vormittag lang waren 14 Senioren in der Klasse 4b zu Gast, um aus ihrer Kindheit zu erzählen. Wie war es eigentlich damals, als es weder Handy noch Fernsehen gab? Wie war es in der Schule, und mit was haben die Kinder früher gespielt? „Wir haben die Fragen im Vorfeld gemeinsam überlegt, und meine Schüler haben dann meist in Zweier- oder Dreiergruppen die Gespräche mit den Senioren geführt und die Ergebnisse anschließend aufgeschrieben“, berichtet die Klassenlehrerin Anne Franke. Sie selbst habe die Rentner zuvor gebeten, nicht zu viele grausame Details etwa aus den Kriegsjahren zu erzählen.

Damals gab es ähnliche Schicksale wie heute

Genau solche Erinnerungen waren es gleichwohl, die einige Senioren zurückschrecken ließen, an dem Projekt teilzunehmen. Viele erzählten zwar hin und wieder bei Familienfeiern von früher. „Einige haben uns dann aber abgesagt, weil sie Angst vor ihren Erinnerungen hatten und befürchtet haben, vor den Kindern vielleicht doch Tränen in die Augen zu bekommen“, sagt Anne Franke. Doch von denen, die schließlich dabei waren, konnten die Viertklässler auf kindgerechte Weise erfahren, dass sich damals, vor etwa 70 Jahren, ganz ähnliche Dinge abgespielt haben wie heute; Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und mussten ihr Hab und Gut zurücklassen.

Die Gespräche seien „total schön und interessant“ gewesen, erzählt Marie. „Am Anfang haben wir uns nicht so richtig getraut, die Fragen zu stellen, aber die älteren Leute waren alle richtig nett.“ Die älteste der Besucherinnen war die 94-jährige Erika Benzinger. Sie erzählte den Kindern, dass es in ihrer Klasse einen Jungen gab, der nicht richtig sprechen konnte. Um ihn gemeinsam zu unterstützen, mussten alle anderen Schüler einen Zungenbrecher auswendig lernen. Sie erzählte auch von den Röcken und Kniestrümpfen, die beim Schlittenfahren im Winter getragen wurden – und den blau gefrorenen Oberschenkeln der Mädchen. Und sie blickte auf Advent und Weihnachten zurück. „Adventskalender gab es keine, aber es ging fröhlich zu.“

Ohne Waschmaschine und Auto

Vieles sei in der damaligen Zeit durchaus besser gewesen als heute, auch wenn der Alltag ohne Waschmaschine und Auto schwerer zu bewältigen gewesen sei, so das Fazit der Senioren. Früher habe man als Kind auf der Straße sofort andere Kinder zum Spielen gefunden – auch wenn die Auswahl an Spielzeug überschaubar war. Heute müssten sich die Mädchen und Jungen richtiggehend verabreden und ihre Wünsche mit dem Kalender ihrer Mutter abstimmen. Schlimm sei damals aber gewesen, dass die Lehrer ihre Schüler schlugen. „Da sind wir schon froh, dass wir in der heutigen Zeit leben“, sagt Leila. Seit dem Zusammentreffen finde sie alte Leute „richtig cool“ und verstehe auch, was Erika Benzinger meine, wenn sie sagt: „Wir sind die Kinder von gestern, und ihr seid die Alten von morgen.“

Das Projekt „Bewegende Momente“ in Ludwigsburg

Idee
: Hildegard Schnetz-Frangen entwickelte das Projekt auf Basis einer Idee der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Ziel:
Senioren sollen in Schulen, Vereinen und Kirchengemeinden erzählen. Gesucht werden auch Schreiber, die das Erzählte dann in eine schriftliche Form bringen.

Termin
: Am Samstag, 6. Mai, lesen Pflugfelder Grundschüler um 16 Uhr im Haus der Katholischen Kirche in Ludwigsburg aus dem Büchlein, das bei ihrem Projekt entstanden ist. Termine auch außerhalb Ludwigsburgs sind geplant.

Kontakt:
Hildegard Schnetz-Frangen ist zu erreichen unter Telefon 0152 /27 06 11 40.