Die Vorsitzende des Stadtseniorenrats, Renate Krausnick-Horst, berichtet von einer besonnenen Reaktion von älteren Menschen auf die Corona-Epidemie.

S-Mitte- - Die Vorsitzende des Stadtseniorenrats, Renate Krausnick-Horst, muss nach eigener Einschätzung derzeit am Telefon keine verbalen Beruhigungspillen verteilen. Der Stadtseniorenrat hat seine Sprechstunden an der Christophstraße bis auf Weiteres abgesagt. Möglich ist aber nach wie vor die telefonische Beratung und der digitale und analoge Schriftverkehr mit dem Gremium. Krausnick-Horst hat sich dafür nicht ins Homeoffice zurückgezogen. Sie arbeitet im Büro des Stadtseniorenrats wie vor der Corona-Krise. „Ich habe auch am Wochenende meinen Sohn in München besucht, hatte im Zug allerdings einen Mundschutz getragen. Damit bin ich schon aufgefallen“, sagt Krausnick-Horst.

 

Die 89-Jährige berichtet, dass sie sich nicht völlig in die eigenen vier Wände zurückgezogen habe, aber sich mit Umsicht im öffentlichen Raum bewege. „Ich fahre zum Beispiel noch mit der Bahn, versuche aber dabei möglichst viel Abstand zu anderen Fahrgästen zu halten“,

Corona-Virus bedroht Ältere

So wie ihr scheint es auch den Stuttgarter Senioren zu gehen, mit denen Krausnick-Horst seit dem Wochenende und den seitdem geltenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens gesprochen hat. Als besonnene Vorsicht könnte die Quintessenz ihrer Gespräche umschrieben werden. Trotz der Annahme der Wissenschaft, dass das Corona-Virus für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen deutlich gefährlicher ist, vertraut Krausnick-Horst auf Behörden und Medizin. „Wir verfügen in Deutschland im Vergleich über ein hervorragendes Gesundheitssystem“, meint sie.

Auch bei den Senioren, mit denen sich die Vorsitzende des Stadtseniorenrats bisher ausgetauscht hat, sieht sie ein bisher intaktes Vertrauen in Staat und Gesundheitsfürsorge. „Die meisten, mit denen ich gesprochen habe, zeigen auch Verständnis für die Maßnahmen zur Einschränkung der Kontakte“, sagt sie.

Stadtseniorenrat fordert Umsetzung

Forderungen an die Verwaltung in Bezug auf ältere Menschen und die Epidemie habe der Stadtseniorenrat derzeit nicht, sagt Krausnick-Horst. Im Moment gehe es eher darum, dass Behörden das Beschlossene umsetzen und sich die Öffentlichkeit an die Regeln halte, findet sie.

Die Seniorenratsvorsitzende macht allerdings eine Schwachstelle bei den nun beschlossenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens aus. Die Betreuungsschwierigkeiten berufstätiger Eltern nach der Schließung der Schulen dürfte ihrer Einschätzung nach manche dazu verleiten, nun ausgerechnet die Großeltern als Hilfe einzuspannen. „Ich bin mir sicher, dass bei vielen die Großeltern jetzt im Einsatz sind, obwohl ja genau sie vor Ansteckung geschützt werden sollen“, sagt Krausnick-Horst. Es dürfte auch vielen Senioren schwerfallen für unbestimmte Zeit auf Kontakt zu Kindern und Enkeln zu verzichten, vermutet die Vorsitzende.

Besuchsverbot belastet Ältere

Die Schließung der Rathäuser stelle Senioren derzeit ebenfalls vor ein Problem. „Damit fehlt auch der Zugang zu vielen Beratungsangeboten“, sagt sie. Schwer wiege aus ihrer Sicht für viele das nun geltende Besuchsverbot in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Es sei schmerzhaft, wenn Angehörigen oder Bekannten kein Trost gespendet werden könne, meint Krausnick-Horst. Sie appelliert an Jüngere, nun intensiven Telefonkontakt zu älteren Verwandten oder Bekannten zu suchen. „Das Telefon ist jetzt unglaublich wichtig für Senioren“, sagt die Vorsitzende des Stadtseniorenrats.

Krausnick-Horst begrüßt Aktionen von Ehrenamtlichen, die etwa Senioren anbieten, für sie einkaufen zu gehen. „In der Krise zeigt sich auch immer großer Zusammenhalt gerade unter Nachbarn“, sagt sie. Die 89-Jährige denkt dabei auch an ihre Kindheit in der Kriegs- und Nachkriegszeit zurück. Sie selbst ziehe aus ihren damaligen Erfahrungen und all dem, was ihr das Leben sonst noch gelehrt habe, eine gewisse Gelassenheit, meint sie. Für andere Senioren hat sie noch einen Tipp. „Es lohnt sich, jetzt im Fernsehen auch mal vergnügliche Sendungen anzuschauen, nicht nur die Nachrichten“, sagt Krausnick-Horst.