Der neue Leiter des Pflegezentrums Paulinenpark im Stuttgarter Westen möchte das Haus weiter zugänglich machen.

S-West - Eines Tages, so wünscht sich Eberhard Frei, wird es sich vollends herumgesprochen haben, dass das Pflegezentrum Paulinenpark keine geschlossene Anstalt ist. Der neue Hausleiter, der seit Anfang des Jahres an der Seidenstraße Dienst tut, möchte fortsetzen, was sein Vorgänger Florian Bommas bereits in die Wege geleitet hat: das Haus, in dem Senioren mit mehr oder weniger Unterstützungsbedarf leben, soll stärker geöffnet werden für die Menschen aus der Umgebung. So ist der Wellnesstag, der einmal im Halbjahr angeboten wird, keinesfalls nur für die Bewohner gedacht, und auch zur Senioren-Modenschau, die jetzt erstmals angeboten wurde, erging die herzliche Einladung an ältere Menschen aus der Nachbarschaft.

 

Das Mehrgenerationenhaus der Diak Altenhilfe Stuttgart, einer Tochtergesellschaft der Evangelischen Diakonissenanstalt, hat sich seit der Eröffnung im Juli 2013 zu einem festen Bezugspunkt des Viertels entwickelt. Es beherbergt Senioren, die auf ihre Selbstständigkeit Wert legen, ebenso wie Menschen mit Pflegebedarf, dazu einen Kindergarten. Dabei sollen die Strukturen früherer Großfamilien wieder lebendig werden, weshalb die 69 Einzelzimmer des Pflegezentrums in sechs Wohngruppen unterteilt sind. Deren Bewohner bilden eine Hausgemeinschaft. Man trifft sich in der Wohnküche oder im gemütlichen Wohnzimmer, um nicht nur die Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen, sondern auch um Waffeln zu backen oder sich auf einen Kaffee zusammenzusetzen. Bei schönem Wetter bietet die Terrasse der Begegnungsstätte „Krempels Bistro“, benannt nach dem Stifterpaar Hilde und Eugen Krempel, eine Gelegenheit, den Kindergartenkindern beim Spielen zuzusehen.

Auch Konzertbesuche stehen auf dem Programm

All das soll auch unter der neuen Leitung Bestand haben. „Der Stil des Hauses ist mit Sicherheit der gleiche geblieben“, sagt Eberhard Frei, der gemeinsam mit seinem Vorgänger für einen fließenden Übergang gesorgt hat. Florian Bommas, zugleich Geschäftsführer der Diak Altenhilfe, wird sich künftig aber verstärkt der baulichen Erneuerung des zweiten Pflegezentrums Bethanien in Möhringen widmen.

In einer Hinsicht will der Neue „Gas geben“: Frei hat sich zum Ziel gesetzt, das Haus noch weiter nach außen zu öffnen. „Denn“, so sagt er, „es leben Menschen hier, die soziale Kontakte wünschen.“ Dazu gehören auch die regelmäßigen Konzertbesuche in der benachbarten Liederhalle. „Anschließend sitzen die zehn bis 15 Konzertbesucher gerne im Bistro bei einem Glas Wein zusammen“, erzählt Frei, der sich über jeden Bewohner freut, der das kulturelle Angebot rund um die zentral gelegene Einrichtung nutzt. Wer lieber zu Hause bleiben möchte, muss dennoch nicht auf Veranstaltungen dieser Art verzichten, denn die Gruppe „Dein Theater“ tritt auch im Paulinenpark auf.

Nicht allen ist solch ein Ausflug in die Stadt nämlich möglich, und so will Eberhard Frei die Welt ins Haus holen. Gelegenheit dazu bietet der Wellnesstag, der zweimal im Jahr angeboten wird. Dazu kommen die Schülerinnen (gelegentlich auch Schüler) einer Friseur-Klasse der Gewerblichen Schule Im Hoppenlau ins Haus, um die Bewohner mit einem Handbad zu verwöhnen oder ihnen die Nägel zu lackieren. Dilara Yigit und Rosanna Bongallino sind an diesem Tag mit dabei. Sie haben sich für diese Gelegenheit selbst schön zurecht gemacht, und ihr Anblick animiert manche Besucherin des eleganten Englischen Salons, sich nach der Handpflege für ein kräftiges Rot für die eigenen Fingernägel zu entscheiden. Sichtlich zufrieden verlässt eine Seniorin den Raum. „Die jungen Frauen andererseits bekommen hier einen anderen Blick aufs Alter“, konstatiert Frei.

Wellness und Modenschau für Senioren

In einem weiteren Raum genießen die etwas Mutigeren unter den Bewohnern ein Wellness-Bad – mit meditativer Hintergrundmusik und schönen Düften. „Die ältere Generation ist ja zum Teil noch daran gewöhnt, dass es nur einmal in der Woche einen Badetag gab“, sagt der Hausleiter. Die Körperpflege gilt im Alter manchmal als ein heikles Thema. „Nicht, wenn die Pflegekräfte gut damit umgehen“, findet Eberhard Frei, „bei uns entscheidet nicht der Terminkalender über das Bad, sondern der Bewohner selbst.“

Eine weitere Möglichkeit, das Haus nach außen zu öffnen, ist die Modenschau für Senioren, bei der Bewohner und ehrenamtliche Mitarbeiter bequeme Mode vorführen. Das bietet die Gelegenheit, in vertrauter Umgebung und mit Hilfe des Paulinenpark-Personals Kleidung anzuprobieren und an Ort und Stelle zu kaufen. Ein Angebot, das für die Bewohner der neu gebauten Wohnungen in der Nachbarschaft ebenfalls interessant sein könnte. Vielleicht ist der eine oder die andere auch am Seniorensport interessiert, in dem Sturzprophylaxe eine große Rolle spielt. Dass es eine Weile dauern wird, bis die Stuttgarter Senioren all diese Angebote annehmen, ist Eberhard Frei durchaus bewusst. Wer jedoch einmal gesehen hat, wie die Menschen im Paulinenpark leben, wird sich vom Schreckgespenst Pflegeheim nicht länger abschrecken lassen.