Der Film- und Fernsehstar Senta Berger feiert am Freitag seinen siebzigsten Geburtstag. Anzusehen ist ihr das aber nicht.

Stuttgart - "Die ganze Welt ist eine Bühne", sagt in der neuen Folge der Serie "Unter Verdacht" ein korrupter Ministerialdirigent, und fügt bildungsprotzig hinzu: "Goethe!" Da neigt die Kommissarin Eva Prohacek leicht den Kopf, lächelt nachsichtig-resigniert und verbessert wie nebenbei: "Shakespeare." Senta Berger spielt in dieser exzellenten Krimireihe eine Frau, die weiß, dass es nicht gut läuft in dieser Welt, die zu viele Niederlagen erlebt hat und zu viele Kompromisse eingehen muss, die aber hartnäckig weiter daran arbeitet, dass die Bösen nicht so einfach davonkommen.

 

Als Eva Prohacek hält Senta Berger auf Distanz, trägt Hosenanzüge in gedeckten Farben, wird schroff, wenn man ihr zu nahe tritt. In der neuen Folge, in der es um Waffengeschäfte mit Afghanistan geht, rutscht ihr gegenüber ihrem Assistenten Langer (Rudolf Krause), der sie bewundert, doch mal das "Du" raus. Als er darauf eingehen will, tut sie jedoch so, als wäre es nie passiert. Nein, sie kann nicht mehr raus aus ihrer Haut, aber immer wieder ist hinter der kühl-professionellen Fassade etwas Warmes zu spüren: eine große Fähigkeit zur Empathie.

In den 60er Jahren ging sie nach Hollywood

In dem preisgekrönten Fernsehfilm "Frau Böhm sagt Nein" (2009) agiert Senta Berger noch zurückgenommener als grau-verhärmte Büromaus, die man fast übersieht, und auch das spielt sie gut. Aber eigentlich ist es eine unmögliche Rolle. Senta Berger, die am Freitag ihren siebzigsten Geburtstag feiert, ist ja nicht wirklich zu übersehen, sie bringt immer noch etwas mit auf die Leinwand oder auf den Bildschirm, was sich einfach nicht verstecken lässt: Starglanz und Glamour. Das war ja schon damals nicht zu übersehen, als die gebürtige Wienerin noch während ihrer Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar erste Filmrollen erhielt, dann eine steile Karriere im deutschen Kino machte ("Es muss nicht immer Kaviar sein", 1961 ) und schon 1962 nach Hollywood ging, wo sie mit Filmpartnern wie Frank Sinatra, John Wayne, Yul Brynner, Dean Martin oder Kirk Douglas drehte.

Die vollen Lippen, die hellen Augen, die rotbraune Mähne, die sanft-weiche Stimme und dazu dieses Lächeln, das so ohne Koketterie scheint und doch sehr einladend wirkt! Senta Berger strahlt Frische und Großzügigkeit aus und auch, bei allem Glamour und aller Mondänität, eine gewisse Bodenständigkeit. Sie ist dabei so sehr Frau, dass man sie kaum zum Girl oder zur Gespielin degradieren kann. Nun ja, in der italienischen Steinzeit-Klamotte "Als die Frauen noch Schwänze trugen" (1970) ist die Ausnahme von der Regel zu sehen, Senta Berger beharrt aber darauf, dass die Originalfassung ein frivoler Spaß war, den erst die deutsche Synchronisation zum Sexfilmchen tiefer legte.

"Zu Hause ist mein Mann der Star"

In vielen ihrer Filme ist Senta Berger die Frau, zu der ein Mann heimkommen will. Eine Trösterin auch, wie in Sam Peckinpahs Kriegsfilm "Steiner - Das eiserne Kreuz" (1976), in dem sie als Krankenschwester den Helden, wenn auch nur für kurze Zeit, in die Zivilisation zurückholt. Auch privat hat sie Männer bekocht. Für den Hollywood-Regisseur Billy Wilder zum Beispiel gab es ein Herrengulasch, und noch heute versichert die seit 1966 mit dem Regisseur Michael Verhoeven verheiratete Schauspielerin: "Zu Hause ist mein Mann der Star."

Aber die kultivierte Senta Berger ist natürlich kein Heimchen am Herd, sie hat 1971 bei Alice Schwarzers Aktion "Wir haben abgetrieben" mitgemacht, sie war bis 2010 Präsidentin der Filmakademie, und es ist ihr als Schauspielerin auf intelligente Weise gelungen, ohne jede Peinlichkeit ins Altersfach hineinzugleiten. Wenn sie dann wieder einmal ausgezeichnet wird für Rollen wie die der desillusionierten Eva Prohacek, dann wird sie wohl wieder zeigen, wie man in Abendrobe auftritt und Hochglanz in den Saal bringt.

TV-Hommage zum Siebzigsten

Arte Die mehrtägige Hommage des Senders an Senta Berger beginnt morgen mit der neuen Folge „Rückkehr“ der Krimireihe „Unter Verdacht“ um 20.15 Uhr. Am Sonntag, 15. Mai, läuft um 14.45 Uhr die allererste Folge der Reihe, „Verdecktes Spiel“. Um 20.15 und um 22.25 Uhr folgen der Bürgerkriegswestern „Major Dundee“ mit Charlton Heston und das Porträt „Senta Berger – ich bin ein unruhiger Geist“. Schließlich rast Senta Berger um 23.10 Uhr als Taxifahrerin in der „Schnellen Gerdi“ durch München. Mit dem Skandalfilm „Wer im Glashaus liebt ...(Der Graben)“ und der Dokumentation „Der Busenfreund“ (23.45 und 1.10 Uhr) endet am Donnerstag, 19. Mai, der Arte-Schwerpunkt.

ARD Das Erste beginnt seine Hommage am 13. Mai erst um 23.30 Uhr mit der Komödie „Marrakesch“, es folgen die Filme „Frühstück mit dem Killer“ (1. 20 Uhr) und „Lange Beine – lange Finger“ (2.50 Uhr).