Esslingen - Es ist noch nicht vorbei. Eigentlich hätten Alexa Bescherer und Ayla Klink ihr Abitur schon in der Tasche gehabt – wenn nicht Corona dazwischengekommen wäre. Wegen der Pandemie wurden die Abi-Prüfungen um rund vier Wochen verschoben. Nun müssen die beiden Schülerinnen des Georgii-Gymnasiums immer noch auf ihr Abschlusszeugnis warten. Und nicht nur das: Die Coronakrise hat auch ihre Pläne für die Zeit nach dem Abitur durcheinander gewirbelt – und damit sind sie nicht alleine.
Ayla Klink (im Bild links) wollte in diesem Sommer eigentlich jobben und mit einem Interrail-Ticket quer durch Europa reisen. Doch das fällt jetzt flach. „Es wäre nicht klug, in Zeiten von Corona so viel zu reisen“, findet die 18-Jährige – im Übrigen ist das Reisen derzeit auch nicht so einfach. Ähnlich sieht es beim Jobben aus: „Viele Firmen stellen diesen Sommer gar keine Schüler ein“, erzählt Ayla Klink. Und die Abi-Fahrt, die sie mit anderen aus ihrer Stufe im August nach Frankreich führen sollte, steht ebenfalls auf der Kippe. Doch die Abiturientin lässt sich von den geplatzten Plänen nicht entmutigen. Sie will nun die Bewerbung für ein Studium an der Kunsthochschule angehen.
Alexa Bescherer hat Glück: Ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei einem Rettungsdienst in Konstanz steht noch. Allerdings hat sie nur wenige Tage Zeit, um sich vom Schulstress zu erholen: Das FSJ startet bereits Ende Juli. Der Monat Freizeit, den sie eigentlich zwischen Abitur und neuem Lebensabschnitt eingeplant hatte, entfällt. Die 18-Jährige nimmt es sportlich: Sie ist froh, dass ihr Freiwilligenjahr überhaupt stattfindet. Einige Freunde hätten es nicht so gut getroffen: Manche haben ein FSJ im Ausland geplant, das nun erst einmal verschoben worden sei. „Sie wissen nicht, ob es überhaupt klappt“, so Bescherer. Auch Ayla Klink kennt solche Fälle: Abiturienten, die nach Peru oder Thailand wollten und jetzt ohne Perspektive für die nähere Zukunft dastehen.
Bescherer und Klink wollen sich nicht beschweren. Sie schätzen sich glücklich mit ihrer Situation. Vor allem bei den Abi-Prüfungen hätten es viele schwerer gehabt als sie. „Corona hat gezeigt, was nicht gut läuft“, findet Ayla Klink. „Es hatten nicht alle Schüler die gleichen Chancen“, ist sie überzeugt. Manche Mitschüler hätten sich einen einzigen Computer mit Geschwistern und Eltern teilen müssen, die ebenfalls zu Hause lernten oder arbeiteten. Andere hätten auf kleine Geschwister aufpassen müssen, weil die Eltern zur Arbeit mussten. Wieder andere seien psychisch extrem belastet gewesen, weil die Eltern den Job verloren hatten: „Mit der Sorge zu lernen, dass gerade deine Welt zusammenbricht, das ist eine mega Herausforderung“, sagt Alexa Bescherer.
Deshalb hätten beide es befürwortet, wenn man sich freiwillig für ein Abitur ohne Prüfungen hätte entscheiden können, bei dem der Durchschnitt der bereits erhaltenen Noten zählt. Das wäre aus ihrer Sicht gerechter gewesen in einer Zeit, in der die Ungleichheiten noch stärker zu Tage traten als zuvor. Gleichwohl hätten sich beide für die Abi-Prüfungen entschieden. Denn trotz der ungewohnten Herausforderungen hätten sie sich gut vorbereiten können. Auch wenn es oft hart war in der Isolation des Lockdown und ohne feste Strukturen: „Es war ein Kampf mit sich selbst, die Motivation hochzuhalten“, sagt Bescherer. Doch nun blicken beide nach vorn – und zwar optimistisch. Die Angst vor einer Wirtschaftskrise ist ihnen fremd: „Wir kennen ja nur die Situation, dass die Wirtschaft gut läuft“, sagt Klink.
Corona hat den Alltag der Schulen kräftig durcheinandergewirbelt. Wochenlang war kein regulärer Unterricht möglich, auch das EZ-Projekt „Zeitung in der Schule“ musste diesmal ausfallen. Die Serie „Corona und die Schulen“ möchte zeigen, was es heißt, in diesen Zeiten zu lernen und Schule zu organisieren.