Der Fußball fasziniert auch in Fellbach und in Kernen: Wir wollen in dieser Serie Akteure vorstellen, die besondere Momente und besondere Erfolge erlebt haben. Heute: Rainer Weinle, 71, der Spieler, Schiedsrichter und ein General von einem Trainer war.

Schmiden/Hegnach - Einmal hat Rainer Weinle, zu jener Zeit Trainer in Schmiden, seinen Sohn Frank, damals Spieler beim TSV, ausgewechselt. Daraufhin hat seine Frau Anneliese 14 Tage lang nur das Allernötigste mit ihrem Mann geredet. „Wenn du deinen Sohn trainierst, endet das Spiel nicht mit dem Abpfiff“, sagt Rainer Weinle und grinst. Die Episode ist zwar lange her, aber sie zeigt den Stellenwert, den der Fußball im Hause Weinle hat – und sowieso im Leben von Rainer Weinle, der als Spieler, Trainer und Schiedsrichter auf vielen Plätzen unterwegs war.

 

Die Weinles sind eine Bilderbuch-Fußballfamilie. Rainer Weinles Bruder Wolfgang („Joe“) Weinle war Trainer beim TV Oeffingen, die Söhne Frank, Marc und Jens Weinle sind oder waren bekannte Akteure auf und neben dem Rasen. Frank Weinle stieg zweimal mit dem SV Fellbach in die Verbandsliga auf, 1997 als Spieler, 2005 als Trainer. Marc Weinle ist als Schiedsrichter aktiv, und Jens Weinle trainiert die Spvgg Rommelshausen in der Kreisliga B. Auch die nächste Weinle-Generation ist schon am Ball. Enkel Lucas spielt beim TSV Schmiden, Jonas beim SVF II und Levi beim TSV Steinhaldenfeld. Die Kinder von Tochter Sabrina, die früher für die TSV-Handballerinnen Tore warf, haben den Ball wieder mit dem Fuß aufgenommen. Die zehnjährige Aaliyah spielt beim SV Hegnach, Naël bei der F-Jugend des SV Fellbach. „Mit denen kicke ich mehrmals in der Woche auf dem Bolzplatz in Neustadt“, sagt ihr Opa stolz.

Der fast 73-Jährige kickt mit den Enkeln auf dem Bolzplatz

Der Fußball lässt Rainer Weinle, der am 12. März 72 Jahre alt wird, nicht los. Und er ihn auch nicht. Wenn der Ball im Amateurbereich rollt, der Spielbetrieb nicht wegen einer Pandemie komplett eingestellt ist, fährt er regelmäßig zu Begegnungen auf Ballhöhe in der Umgebung seines Wohnorts Hegnach. Fußballspiele im Fernsehen verpasst er selten, und seine acht Enkelkinder profitieren von seinem Erfahrungsschatz und Fußballwissen.

1976 war ein besonderes Jahr für die Fußballer aus Schmiden. Die Mannschaft mit Thomas Lösch, den Brüdern Werner und Manfred Kolb feierte den Aufstieg in die Bezirksliga. „Kurt Schöck war unser Kapitän. Er hat beim TSV den Laden zusammengehalten“, sagt Rainer Weinle. 2016 haben die Aufsteiger von einst das 40-Jahr-Jubiläum gefeiert. Alle, die noch leben, seien in die Pizzeria gekommen, auch der legendäre Trainer Rudi Bälz, erzählt Rainer Weinle. „Er war und ist mit seinem Optimismus und seiner Lebensfreude Kult in Schmiden. Wir haben bis um halb vier Uhr morgens gefeiert, und der Bälz, der einiges über 80 ist, war bis zum Schluss mitten drin.“

Rainer Weinle wurde fast schon zur Legende an der Pfeife

1980 beendete Rainer Weinle seine Laufbahn als Spieler. Mit 34 wurde er Trainer der Bezirksliga-Mannschaft des TSV Schmiden. „Mein Spitzname war der General, und einige ehemalige Spieler begrüßen mich bis heute so“, sagt Rainer Weinle. Dreimal war er für das erste TSV-Team verantwortlich, trainierte außerdem die A- und B-Junioren der Stuttgarter Kickers sowie den TSV Großheppach in der Landesliga. Das Trainerdasein war ihm aber nicht genug. Während seiner aktiven Zeit beim TSV Schmiden war er einmal bei einem Hallenturnier in Weinstadt mit dem internationalen Schiedsrichter Heinz Aldinger aus Waiblingen aneinandergeraten. „Ich hab’ zu ihm gesagt: Du lernst das Pfeifen auch nie. Daraufhin meinte er, dass er mich zum nächsten Neulingskurs erwartet“, sagt Rainer Weinle.

Nachdem er die Fußballschuhe ausgezogen hatte, folgte er der Aufforderung und meldete sich zum Schiedsrichter-Grundlehrgang an. „Als Heinz Aldinger mich erkannt hat, meinte er nur: Jetzt will ich mal sehen, was du kannst.“ Rainer Weinle konnte auch als Unparteiischer was, wurde fast schon zur Legende an der Pfeife. 35 Jahre lang leitete er Spiele bis zur Landesliga und war häufig Assistent von Heinz Aldinger in höherklassigeren Ligen. „Wir waren fast 20 Jahre gemeinsam auf den Fußballplätzen in Baden-Württemberg unterwegs.“

Beim VfB Stuttgart kam er nicht wirklich zum Zug

Rainer Weinle hat den Umgang mit dem Ball bei seinem Heimatverein Spvgg Cannstatt erlernt. Nach der Jugend sollte er zum VfR Pforzheim wechseln, stattdessen holte Franz Seybold, einst Spieler und Trainer der Profi-Mannschaft und damals eine Art Manager bei den Amateuren des VfB Stuttgart, den 21-Jährigen auf den Wasen. „Ich hab’ ein Jahr dort gespielt, aber gleichzeitig eine Lehre als Mechaniker bei der Schwabengarage gemacht. Es hat einfach nicht zusammengepasst, außerdem gab es viele gute Spieler. Ich bin nicht wirklich zum Zug gekommen“, sagt Rainer Weinle. Den Brief von Franz Seybold hat ihm seine Mutter am Todestag seines Vaters ausgehändigt. Ich wusste vorher gar nichts von einem Brief. Mein Vater hat ihn all die Jahre fast immer bei sich getragen und überall herumgezeigt, denn er war als alter VfB’ler stolz, dass sein Sohn dort spielen durfte.“

Rainer Weinle hat sich für Beruf und Familie entschieden. Sein ältester Sohn Frank wurde 1971 geboren, da war der Papa 22 Jahre alt. Noch zwei Söhne und eine Tochter hat Rainer Weinle. Der Fußball spielte auch mit Familie stets eine wichtige Rolle. Nach dem VfB ging Rainer Weinle, der bis 2011 in Oeffingen wohnte, zum VfL Waiblingen. „Gerhard Mack, Schmidens graue Eminenz, hat mich 1974, als ich noch beim VfL war, für ein Spiel gegen Borussia Mönchengladbach engagiert.“ Von 1975 an trug Rainer Weinle dann offiziell das Trikot des TSV, der so etwas wie sein Herzensverein ist. Der TSV setzt auch heute hautsächlich auf Eigengewächse. Doch generell haben sich die Zeiten geändert. „Die Spieler kommen oft von überall her, bei uns war und ist der Zusammenhalt anders.“ Siehe die rauschende Feier zum Aufstiegsjubiläum 2016.