Hanna Berger Die 19-Jährige kommt aus Marbach am Neckar und machte 2016 Abitur. Sie studiert soziale Arbeit in Freiburg. Für ihren internationalen Jugendfreiwilligendienst hat sie freiwillig über Spenderkreise 1 800 Euro für das GAW gesammelt und gespendet.
Vor zwei Jahren stand bei mir das Abitur kurz bevor, aber gleich danach studieren, das kam nicht infrage. Erst mal weg, so war der Plan. Viele Mitschüler wollten nach Afrika, Südamerika oder Australien. Doch wieso weit weggehen, um etwas Sinnvolles zu tun? Meine Wahl fiel deshalb auf Italien. Ich bewarb mich bei der Trägerorganisation Gustav-Adolf-Werk (GAW) in Stuttgart und erhielt eine Zusage für eine Stelle in Scicli. Das ist eine Kleinstadt im Süden von Sizilien, wo ich in einem Kindergarten und einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge arbeiten sollte. Durch Seminare wurde ich auf meine Aufgabe vorbereitet. Dann war es so weit: Meine Abreise stand bevor, und ich war voller Aufregung und Abenteuerlust. Was Gutes tun, eine neue Sprache und Kultur kennenlernen, das erhoffte ich mir. Die ersten Wochen waren Überforderung und gleichzeitig Glückseligkeit. Ich verspürte eine unglaublich große Motivation, was zu bewegen, was zu verändern. So ging ich in meine ersten Arbeitswochen. Nach drei Monaten erschlaffte das Gefühlshoch und wich der Gewohnheit. Nach einem halben Jahr wusste ich, wo ich stehe, wie mein Arbeitsalltag abläuft. Es war frustrierend, festzustellen, dass nicht alles läuft wie erhofft, dass hinter der „Touristenfassade“ der Italiener mehr steckt, und zu erkennen, wie wirkungslos mein Handeln im Projekt ist, wie machtlos ich als Person im großen Kontext bin. Mir wurde klar, dass ich ziemlich naiv und idealistisch an das Jahr herrangegangen war.
Lernen, einfach nur da zu sein
Der Gedanken des „Keinen-Sinn-Habens“ beschäftigte mich lange. Ich musste akzeptieren, dass man als Freiwillige nicht die Welt retten kann. Ich musste lernen, dass es ausreicht, einfach da zu sein und zuzuhören. Wenn die Mädchen zu mir kamen und mich umarmten oder wenn einer der ehemaligen Bewohnern sagte, dass er uns vermisst, dann war das ein Zeichen, dass meine Arbeit doch einen Sinn hatte. Ich muss zugeben, dass sich meine Erwartungen nur teilweise erfüllt haben. Ja, ich habe die Sprache gelernt, ja, ich habe viele tolle Erfahrungen gemacht – ob ich was Gutes oder Sinnvolles getan habe, weiß ich nicht. Trotzdem war das Jahr für mich unglaublich wertvoll. Ich musste nicht nach Afrika, um diese Erfahrungen zu machen. Auch innerhalb Europas herrschen große soziale Unterschiede.