Kultur: Stefan Kister (kir)

Eine solche bekommt der Dummling zum Lohn für seine Barmherzigkeit. Am Gold hat er jedoch weniger Interesse als an der schönen Königstochter. Die gewinnt er schließlich auch, übrigens im Tausch gegen ein höchst futuristisch anmutendes Vehikel: ein Amphibienfahrzeug, wie man es heute wohl bezeichnen würde, ein Schiff, das zu Wasser und zu Lande fährt, wie es in der Märchensprache heißt.

 

Der Mensch als ein soziales Mängelwesen, bedrängt von Armut, Hunger und bösen Stiefmüttern, setzt sich mittels eines geeigneten Instrumentariums gegen die Daseinsnot zur Wehr. Sein Glück bemisst sich allerdings nicht nur an dessen segensreichen Funktionen, sondern vor allem an der umsichtigen Weise seines Gebrauchs. Wo die nicht gegeben ist, schlagen die Glücksgeräte zum Unheil aus. Und Gier ist immer ein schlechter Ratgeber, wie nicht nur die lebensbedrohliche Übersättigung durch süßen Brei im Schlaraffenland lehrt. Auch aus der wundersamen Dusche in Frau Holles Reich fließt je nach der charakterlichen Lauterkeit derer, die sie benutzen, entweder gleißendes Edelmetall oder stinkendes Pech.

Menschliche Qualitäten wiegen in der Regel schwerer als die Finessen der fabelhaften Gadgets, wie man heute jenen lustigen Schnickschnack nennt, mit dem sich moderne Superhelden des Bösen erwehren. Als Gadgets werden übrigens auch die Bedienelemente grafischer Benutzeroberflächen bezeichnet, neuerdings weiterentwickelt zu dem aus Window und Gadget zusammengesetzten Kunstbegriff Widget. Dass die Ähnlichkeit zu dem englischen Wort Midget (Zwerg) kein Zufall ist, wird von dem volkspoetischen Wissensspeicher Wikipedia ausdrücklich bestätigt.

Nach Märchenmaß und -moral bedenklich

Doch nicht nur die Zwerge haben ihre Gestalt gewandelt. Aus dem Dummling, der im Märchen am Ende triumphiert, ist in der Wirklichkeit die Masse der Konsumenten geworden. Den Lockungen der Dinge hängen sie freilich auf eine nach Märchenmaß und -moral bedenklich stimmende Weise an. Die Prototypen, mit denen die Zurückgesetzten einst von freundlichen Mächten ausgezeichnet wurden, sind in Serienfertigung gegangen. Und wo sich der Dummling noch im Einklang mit wohlwollenden graubärtigen Naturdämonen wusste, erfolgt die Produktion der heutigen Wunderdinge entweder durch Raubbau an der Natur oder auf dem Rücken billiger Arbeitskräfte am anderen Ende der Welt. Den Kräften, die sich im Märchen der Armen und Hoffnungslosen erbarmen, kann das nicht gefallen.

Wo einst – nicht bei den Grimms, sondern deren orientalischem Pendant – den Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, das Reiben einer Wunderlampe genügte, um sich wunderbarer Dienstleister zu versichern, tapsen heute die Finger über das Display funzelnden Geräts, um die virtuellen Kräfte eines weltweiten Verknüpfungszaubers zu entbinden. Wer während einer Zugfahrt oder in der Straßenbahn den Blick schweifen lässt, kann freilich leicht den Eindruck gewinnen, seine Mitmenschen stünden vor allem unter dem Bann unheimlicher Gleichschaltungskräfte, die von den magischen Tafeln in ihren Händen ausgehen.

Das Wunderding ist der volkstümliche Urzustand des technologischen Gegenstands. Märchenwelten sind daher immer auch eine Leistungsschau der instrumentellen Einbildungskraft. Und was bitte ist eine Mikrowelle schon gegen ein Tischleindeckdich? Was ein schnöder Geldautomat im Vergleich zu einem Goldesel oder einer goldenen Gans?

Ein Amphibienfahrzeug gegen eine goldene Gans

Eine solche bekommt der Dummling zum Lohn für seine Barmherzigkeit. Am Gold hat er jedoch weniger Interesse als an der schönen Königstochter. Die gewinnt er schließlich auch, übrigens im Tausch gegen ein höchst futuristisch anmutendes Vehikel: ein Amphibienfahrzeug, wie man es heute wohl bezeichnen würde, ein Schiff, das zu Wasser und zu Lande fährt, wie es in der Märchensprache heißt.

Der Mensch als ein soziales Mängelwesen, bedrängt von Armut, Hunger und bösen Stiefmüttern, setzt sich mittels eines geeigneten Instrumentariums gegen die Daseinsnot zur Wehr. Sein Glück bemisst sich allerdings nicht nur an dessen segensreichen Funktionen, sondern vor allem an der umsichtigen Weise seines Gebrauchs. Wo die nicht gegeben ist, schlagen die Glücksgeräte zum Unheil aus. Und Gier ist immer ein schlechter Ratgeber, wie nicht nur die lebensbedrohliche Übersättigung durch süßen Brei im Schlaraffenland lehrt. Auch aus der wundersamen Dusche in Frau Holles Reich fließt je nach der charakterlichen Lauterkeit derer, die sie benutzen, entweder gleißendes Edelmetall oder stinkendes Pech.

Menschliche Qualitäten wiegen in der Regel schwerer als die Finessen der fabelhaften Gadgets, wie man heute jenen lustigen Schnickschnack nennt, mit dem sich moderne Superhelden des Bösen erwehren. Als Gadgets werden übrigens auch die Bedienelemente grafischer Benutzeroberflächen bezeichnet, neuerdings weiterentwickelt zu dem aus Window und Gadget zusammengesetzten Kunstbegriff Widget. Dass die Ähnlichkeit zu dem englischen Wort Midget (Zwerg) kein Zufall ist, wird von dem volkspoetischen Wissensspeicher Wikipedia ausdrücklich bestätigt.

Nach Märchenmaß und -moral bedenklich

Doch nicht nur die Zwerge haben ihre Gestalt gewandelt. Aus dem Dummling, der im Märchen am Ende triumphiert, ist in der Wirklichkeit die Masse der Konsumenten geworden. Den Lockungen der Dinge hängen sie freilich auf eine nach Märchenmaß und -moral bedenklich stimmende Weise an. Die Prototypen, mit denen die Zurückgesetzten einst von freundlichen Mächten ausgezeichnet wurden, sind in Serienfertigung gegangen. Und wo sich der Dummling noch im Einklang mit wohlwollenden graubärtigen Naturdämonen wusste, erfolgt die Produktion der heutigen Wunderdinge entweder durch Raubbau an der Natur oder auf dem Rücken billiger Arbeitskräfte am anderen Ende der Welt. Den Kräften, die sich im Märchen der Armen und Hoffnungslosen erbarmen, kann das nicht gefallen.

Man tut auf jeden Fall gut daran, nicht jedes Fortschrittsmärchen zu glauben. Und eine der wichtigsten Lehren des Märchens lautet: Unkluge Wünsche gehen in der Regel nach hinten los.